Lichen Sklerosus: Erkennen, Behandeln und Leben mit der seltenen Hauterkrankung
Lichen sklerosus ist eine seltene, entzündliche, nicht ansteckende, in Schüben verlaufende Dermatose (Hauterkrankung). In der Literatur finden sich auch die Bezeichnungen Lichen sklerosus et atrophicus bzw. Lichen albus.
Als Hauptmerkmal dieser, an verschiedenen Stellen der Haut und Schleimhaut auftretenden Krankheit, gelten die ca. erbsengroßen, weißen Flecken – ein Signal für einen bereits fortgeschrittenen Verlauf.
Die Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) ist, bedingt durch die Seltenheit der Krankheit, nur vage zu benennen. Man geht van ein bis zwei Erkrankungsfällen pro 100.000 Menschen in der Bevölkerung aus.
Frauen erkranken bis zu sieben Mal häufiger an einem Lichen sklerosus, vor allem im präpubertären Lebensabschnitt und postmenopausal. Daneben zeigt sich ein Lichen sklerosus auch bei Kindern und Jugendlichen.
Ursache
Die Ätiologie (Ursache für die Erkrankung) ist nicht vollständig geklärt. Vermutet wird eine Autoimmunerkrankung. Daneben können auch hormonelle Faktoren, Infektionen (z.B. Borrelia burgdorferi, Epstein-Barr-Virus) sowie die familiäre Prädisposition (genetische Vorbelastung durch Erkrankungsfälle in der Familie) eine Rolle spielen. Ein Zusammenhang zwischen dem Tragen von Intimschmuck, bestimmten Verletzungen sowie größeren Operationen im Intimbereich und Lichen sklerosus ist ebenfalls nachgewiesen.
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Varianten
Lichen sklerosus wird unterteilt in die genitoanale und die extragenitale Variante, welche in nur rund fünfzehn Prozent aller Erkrankungen zu beobachten ist. Die Klinik beider Formen ist vergleichbar. Primär bilden sich elfenbeinfarbige, glänzende, in kleinen oder großen Gruppen (Plaques) angeordnete, feste Knötchen (Papeln) mit einem Durchmesser von 0,1 bis drei Zentimeter.
Sie sind nur wenig erhaben, glatt und weisen am Rand Entzündungszeichen auf. Im Verlauf verändert sich die Farbe, die Papeln sind dann weißlich. Neben den sichtbaren Anzeichen ist die Erkrankung vor allem gekennzeichnet durch einen starken, zum Teil schmerzhaften Juckreiz (Pruritus).
Unbehandelt besteht die Gefahr, dass das betroffene Gewebe atrophiert (Atrophie = Gewebeschwund) sowie sklerosiert (Sklerose = Verhärtung) und so zu Stenosen (Engstellen) führt. Daneben ist auch eine seltene Variante beschrieben, bei der das Gewebe übermäßig wuchert (Hyperplasie).
Histopathologisch (feingewebliche, mikroskopische Untersuchung des veränderten Gewebes) wird ein Lichen sklerosus in drei Stadien unterteilt. Das Frühstadium weist atrophierte Epithelzellen auf. Im Intermediärstadium sind Ödeme (Schwellungen) und Entzündungsherde erkennbar.
Blut- und Lymphgefäße sind übermäßig weit geöffnet und schieben sich zwischen Oberhaut und Entzündungszone. Das Spätstadium ist gekennzeichnet durch einen rückläufigen Entzündungsprozess mit einer deutlichen Zunahme der Sklerosierung des Gewebes.
Verlauf
Bei der extragenitalen Form zeigen sich die typischen Hautveränderungen im Bereich von Hals und Nacken, des Schlüsselbeins, unterhalb der Brust, am Rücken, an den Beugeseiten der Unterarme sowie an den Beinen. Selten zeigen sich die Papeln auch an der Mundschleimhaut.
Bei der Frau ist ein Befall von Genital- und Analbereich vor allem an der Klitoris (Kitzler), den Labien (Schamlippen) sowie der Region rund um den Anus (After, Darmöffnung) sichtbar. Man spricht auch von einem Lichen sclerosus (et atrophicus) vulvae, da sich das Erkrankungsbild hauptsächlich auf die primären weiblichen Geschlechtsorgane beschränkt.
Neben dem Juckreiz können auch Schmerzen im Intimbereich, z.B. während des Geschlechtsverkehrs, auftreten. Der Juckreiz kann im Verlauf derart quälend sein, dass sich Betroffene blutig kratzen. Durch eintretende Keime, Bakterien und Pilze droht eine Superinfektion.
Im Spätstadium atrophiert und sklerosiert das betroffene Gewebe: die Vulvahaut scheint dann pergamentartig, große und kleine Schamlippen schrumpfen, die Vaginalöffnung verengt sich, das Wasserlassen ist erschwert durch eine Verengung der Harnröhre. Diese Symptomatik ist unter dem Begriff Kraurosis vulvae zusammengefasst. Bei Befall der Analregion kann es u.U. zu einer erschwerten Defäkation (Stuhlentleerung) kommen.
Beim Mann sind vor allem die Penisvorhaut sowie die Eichel betroffen, die Analregion ist nur selten befallen. Durch die Sklerosierung des Gewebes entsteht vielfach eine Phimose (Vorhautverengung). Der weiblichen Klinik ähnelnd, zeigen sich beim Mann ebenfalls eine Harnröhrenstriktur (Verengung, die beim Wasserlassen zu Schmerzen führt), Blutungen oder Schmerzen beim Geschlechtsverkehrt (= Kraurosis penis).
Kinder leiden, neben den klassischen Symptomen, vielfach zusätzlich noch an Obstipation (Verstopfung).
Eine Sonderform bzw. Spätfolge stellt der hämorrhagische Lichen sklerosus dar. Er entwickelt sich durch das stetige Kratzen der befallenen Stellen, worauf es rund um die einzelnen Knötchen zu Blutungen kommt.
Da die betroffenen Hautareale gekennzeichnet sind durch eine veränderte Zellstruktur (atrophisches Gewebe), kann das in die Papeln eindringende Blut nur schlecht vom eigenen Organismus abgebaut werden. Hierdurch verdicken sich die Papeln zu kleinen, blutgefüllten Bläschen (bullae), deren Inhalt über viele Wochen nachweisbar bleibt.
Diagnose
Bereits die Anamnese (Krankengeschichte) liefert dem behandelnden Arzt (z.B. Dermatologe, Gynäkologe, Urologe) häufig einen ersten Verdacht, hier vor allem durch den Hinweis auf den Juckreiz. Zur gesicherten Diagnose aber bedarf es, neben der Inspektion der befallenen Hautareale, immer auch einer histologischen Untersuchung mittels Biopsie (Gewebeprobe).
Bei Befall der weiblichen Genitale bietet sich eine Vulvoskopie (spezielle Untersuchung mit einem Koloskop) an, das männliche Pendant ist die Peniskopie. Differentialdiagnostisch ausgeschlossen werden müssen u.a. der Lichen planus, die zirkumskripte Sklerodermie sowie eine tumoröse Entartung, die vor allem bei der Frau zu einer sehr ähnlichen Symptomatik führen kann.
Auch wenn die Klinik ein nahezu eindeutiges Bild liefert, kommt es immer wieder zu Fehlinterpretationen mit daraus resultierenden falschen Behandlungsansätzen. Betroffene leiden z.T. Monate bis Jahre ohne sichtbare Besserung des Beschwerdebildes.
In solchen Fällen ist das Einholen einer zweiten Meinung von Vorteil, u.a. auch zur Vermeidung einer möglichen Entartung. Bei der genitoanalen Form ist in bis zu sechs Prozent aller Fälle die Umwandlung befallener Zellen, vor allem im Bereich der Vulva, in kanzerogenes Gewebe nachgewiesen.
Therapie und Behandlung
Ist die Diagnose gesichert, stehen dem behandelnden Arzt verschiedene Behandlungswege zur Verfügung, die sich vor allem nach dem Alter der betroffenen Person sowie dem Schweregrad der Erkrankung richten. Generell ist die Erkrankung nicht heilbar.
In Einzelfällen zeigt sich jedoch, vor allem bei Mädchen in der Pubertät, eine spontane Remission mit Tendenz zur Abheilung. Bei Kindern kommt es in über 80 Prozent der Erkrankungsfälle zu einer Ausheilung. Die gewählte Therapie zielt aber grundsätzlich nur auf eine Linderung der Symptome ab.
Kleinere Entzündungsherde mit geringem Beschwerdebild werden meist lokal-symptomatisch behandelt. Bei einem ausgeprägten Befall mit großen Plaques kommen z.T. auch operative Maßnahmen zum Einsatz.
Der lokalen Therapie dienen u.a. pflegende Lotionen und Cremes, die den Hautschutz begünstigen und eine Verhornung vermeiden (z.B. mit dem Inhaltsstoff Dexpanthenol) sowie eine beruhigende oder abschwellende Wirkung besitzen (z.B. mit Kamille oder mit einem schwach dosiertem Glukokortikoid, z.B. Kortison). Sitzbäder unterstützen den Heilungsprozess.
Wichtig ist eine konsequente Intimpflege, u.a. durch den Gebrauch feuchter Reinigungstücher (z.B. auf Ölbasis) und dem vorsichtigen Abtupfen nach dem Gang zur Toilette. Ein Wischen des Intim- oder Analbereiches sollte immer vermieden werden, es fördert die Reizung der entzündeten Hautareale. Die orale Gabe von Hormonen (Östrogen, Progesteron) hat sich vor allem bei jüngeren Frauen bewährt.
Zur Behandlung des Juckreizes können Lokalanästhetika (lokale Betäubungsmittel) zum Einsatz kommen. Diese werden z.B. in Form von Salben auf die befallene Stelle aufgetragen oder mittels Spritze injiziert.
Die Kombination mit einer Kryotherapie (Vereisung mit flüssigem Stickstoff) zeigt sichtbare Erfolge. Eine UV-Bestrahlung führt sowohl bei der extragenitalen als auch bei der genitoanalen Variante zu einer Linderung der Symptomatik.
In schweren, ausgeprägten Fällen kommen die Laserbehandlung oder Kryochirurgie zum Einsatz. Bei einer Phimose ist das Mittel der Wahl die Zirkumzision (teilweise oder vollständige Entfernung der männlichen Vorhaut). Striktionen im Bereich der Harnröhre lassen sich z.T. mithilfe eines Katheters sowie einer Bougierung (Aufweiten des Harnkanals mittels spezieller Instrumente) lösen, z.T. erfolgt der operative Eingriff über den Unterbauch.
Ist der Juckreiz lokal nicht behandelbar, können die den Intimbereich versorgenden Nervenstränge durchtrennt werden. Folge ist eine nahezu gefühllose Intimregion, was auch das Sexualleben beeinträchtigt.
Im extremsten Fall eines Lichen sklerosus muss die Entfernung des befallenen Geschlechtsorganes erwogen werden (sehr selten).
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Beitragsbild: pixabay.com – KarelienK
Dieser Beitrag wurde letztmalig am 10.03.2015 aktualisiert.