Möglichkeiten und Grenzen der Haarmineralanalyse
In der Kriminalistik hat die Haaranalyse bereits eine längere Tradition – dort wird sie eingesetzt, um die Einnahme von Alkohol und anderen Rauschmitteln sowie Medikamenten nachzuweisen beziehungsweise den Konsum auszuschließen. Möglich ist dies, weil die gesuchten Stoffe nicht komplett wieder abgebaut und ausgeschieden, sondern in geringen Mengen auch in den Haaren eingelagert werden und dort über einen sehr langen Zeitraum verbleiben.
Nach 2 Wochen durchstößt ein neues Haar die Oberhaut, sodass nach diesem Zeitpunkt die Bildung toxinfreien Materials beginnt. Dies betrifft Haare in der anagenen Phase, in der Wachstum stattfindet. In der katagenen Phase haben die Haare aufgehört zu wachsen und werden bei Analysen zum Problem, weil auch am Haaraustritt aus der Haut noch Toxine und deren Abbau-Produkte enthalten sind. So kann es zu irritierenden Ergebnissen kommen, wenn ETG (Ethylglucuronid) aus dem Alkohol-Abbau oder andere Rauschmittel wie Cannabinoide, Opiate sowie Medikamente auch nach dem Konsum-Stopp im Test positiv anschlagen.
Der Nachweis von ETG als Nachweis für stattgehabten Alkohol-Konsum ist ohnehin nur bei unbehandelten Haaren möglich. Gefärbte, gebleichte oder anders behandelte Haare können zum Test nicht herangezogen werden. Anders sieht dies beim Test auf weitere Betäubungsmittel aus, wobei behandelte Haare verwendet werden können. Allerdings muss in diesem Fall ein zusätzliches, regelmäßiges Urin-Sreening erfolgen.
Ein Haar wächst im Monat um etwa 1 cm. Für den ETG-Nachweis wird gewöhnlich ein 0,5 cm breites und 3 cm langes, mindestens 0,1 g schweres Haarbüscheln direkt an der Kopfhaut abgeschnitten. Unter Berücksichtigung der erwähnten Fehlerquellen kann so festgestellt werden, ob in den letzten 3 Monaten Alkohol verzehrt wurde. Bei BTM-relevanten Substanzen wird in der Regel ein 6 cm langes Haarbüschel herangezogen, um auszuschließen, dass im letzten Halbjahr vor der Probennahme Konsum stattgefunden hatte. Bei mehrfachen Probennahmen im zeitlichen Abstand darf das Material nicht vermengt werden, sondern muss stets getrennt untersucht werden.
Toxine werden nicht nur über den Wachstums-Prozess ins Haar eingelagert, sondern können auch aus der Umgebung heraus absorbiert werden. Ein Beispiel dafür ist Cannabis-Rauch, der zu positiven Test-Ergebnissen führen kann, obwohl kein direkter Konsum vorliegt.
Eine weitere Schwierigkeit liegt darin, dass Haare auch Substanzen einlagern können, die im Fettgewebe abgespeichert und in die Blutbahn freigesetzt wurden. Gerade BTM-Tests reagieren sehr sensibel, sodass beispielsweise der Verzehr von Speisemohn bereits einen positiven Opiat-Test generieren kann, obwohl die enthaltenen Mengen nur sehr gering sind. Viele Menschen denken bei Malzbier oder Sushi kaum daran, dass der Verzehr auch mit Alkohol-Aufnahme verbunden ist. Alkoholfreies Bier darf in Deutschland schon als solches gekennzeichnet werden, wenn der Alkohol-Gehalt unter 1 % liegt.
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Umweltgifte in Haaren
Die Haare lagern auch Schadstoffe wie beispielsweise Schwermetalle, weshalb sich mit Hilfe der Haaranalyse im Rahmen des sog. Human Biomonitorings auch Aussagen über die Belastung mit Umweltgiften treffen lassen.
Unter Einsatz eines Massenspektrometers können so etwa 60 unterschiedliche, vorwiegend anorganische Substanzen nachgewiesen werden. Bei organischen Stoffen gestaltet sich der Nachweis schwieriger, da es abseits der bewährten Drogentests kaum allgemein anerkannte Verfahren gibt.
Aussagen über die Schadstoffbelastung einzelner Personen aufgrund einer Haaranalyse gelten jedoch als sehr schwierig. Bei vielen der nachweisbaren Substanzen ist derzeit noch nicht genau bekannt, wie oder in welcher Menge sie sich im Haar ablagern. Zudem sind zahlreiche weitere Faktoren zu beachten, welche die Messergebnisse beeinflussen können – auch vermeintlich banale Aspekte wie die Wahl des Shampoos oder die Benutzung von Haargel können schon dazu führen, dass Befunde in Teilen stark von der Norm abweichen und keine seriösen Rückschlüsse mehr auf Belastungen erlauben.
Dementsprechend hat die staatliche Agency for Toxic Substances and Disease Registry in den Vereinigten Staaten im Jahr 2001 bekannt gegeben, dass Haaranalysen im Grunde kein geeignetes Mittel darstellen, um die Schadstoffbelastung von Individuen zu ermitteln.
Eine Ausnahme stellt der Nachweis von Methylquecksilber dar, da sich dieses verstärkt in die Haare einlagert, sobald es über die Nahrung aufgenommen wurde. Auch Arsen lässt sich mittels Haaranalyse (sowie über die Auswertung von Finger- oder Zehennägeln) besser nachweisen als über die Untersuchung von Blut oder Urin, da es dort sehr schnell abgebaut wird.
Das Verfahren erscheint daher eher dazu geeignet, im Rahmen einer Untersuchung von Personengruppen (beispielsweise Anwohnern einer Mülldeponie) Belastungen festzustellen, da sich Abweichungen aufgrund externer Störvariablen dann statistisch tendenziell ausgleichen. So wurde im Rahmen des Umwelt-Surveys 1990/92 in der Bundesrepublik eine repräsentative Studie zur Bleibelastung der Bevölkerung mittels Haaranalyse durchgeführt.
Aussagen über das Rauchverhalten von Personengruppen (sowohl aktiv wie passiv) lassen sich zudem über die Menge an Nikotin im Haar treffen. Da dessen Einlagerung jedoch maßgeblich von der Haarfarbe (die sich aus dem Melaningehalt der Haare bestimmt) abhängt, wird jedoch dem Nachweis über Urinproben meist der Vorzug gegeben.
Die Ungeeignetheit der Haaranalyse zur Ermittlung individueller Schadstoffbelastungen oder Mängeln an Mineralien und Spurenelementen wurde auch durch die Stiftung Warentest 2004 bestätigt. Eine Untersuchung mehrerer kommerzieller Anbieter von Haaranalysen stellte diesen ein ausgesprochen schlechtes Zeugnis aus (vgl. test 10/2004).
So unterschieden sich die Auswertungen identischer Proben je nach durchführendem Labor teils erheblich. Einzelne Unternehmen ermittelten gar für dieselbe, mehrmals eingeschickte Haarprobe unterschiedliche Werte. Vollends willkürlich erschien schließlich die Bewertung der Befunde, da die getesteten Labors verschiedene Normalwerte in Bezug auf die im Haar gefundenen Substanzen ansetzten.
In der Tat gibt es derzeit gar keine objektiv festgelegten Normalwerte. In einer vom Umweltbundesamt 2005 herausgegebenen Stellungnahme zum Thema wird eine derartige Festlegung sogar abgelehnt, solange keine allgemein anerkannte Testprozeduren beispielsweise in Bezug auf die Haarentnahme oder Analyseverfahren existiert.
Zudem gäbe es mit Ausnahme des Methylquecksilbergehalts keine erwiesenen Zusammenhänge zwischen der Konzentration eines bestimmten Schadstoffes im Haar und dem Auftreten von Krankheitssymptomen, die eindeutig mit diesem Schadstoff in Verbindung gebracht werden könnten.
Im Ergebnis ist daher eine individuelle Haaranalyse abzulehnen – es sei denn, sie folgt einem standardisiertem Verfahren und orientiert sich an verbindlichen Norm- und Grenzwerten wie im Falle polizeilicher Drogentests. Kommerzielle Anbieter folgen offenbar keinen derartigen Standards, weshalb ihre Befunde oder daraus abgeleitete Therapie- oder Ernährungsempfehlungen in der Regel nicht als seriös erachtet werden können.
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Beitragsbild: pixabay.com – DarkoStojanovic
Dieser Beitrag wurde letztmalig am 28.06.2021 aktualisiert.