Gerstenkorn – Hordeolum – Verständlich erklärt

Das Gerstenkorn (medizinisch Hordeolum) ist eine floride Entzündung spezieller Drüsen am Augenlid.

Dabei können verschiedene oder mehrere Drüsen betroffen sein, entsprechend der befallenen Lokalisation variieren die Symptome und der klinische Befund.

Ursache

Die Meibom-Drüsen sind Talgdrüsen und liegen typischerweise an auf der Innenkante des Lides. Die ebenfalls talgproduzierenden Molldrüsen und die Zeis-Schweißdrüsen sind an der Außenkante gelegen, direkt neben den Wimpern. Meistens wird die Infektion durch eiterbildende Bakterien verursacht, vor allem durch Stäbchenkokken (besonders durch Staphylokokkus aureus), seltener durch Kettenkokken (z.B. durch Streptokokkus pyogenes).

Arten eines Gerstenkornes

Allgemein werden zwei Formen unterschieden:

Das äußere Gerstenkorn (Hordeolum externum) betrifft vor allem die Moll- oder Zeisdrüsen, der Eiterdurchbruch erfolgt wie der Name schon sagt nach außen.

Dagegen ist das innere Gerstenkorn (Hordeolum internum) in der Regel eine Erkrankung der Meibom-Drüsen. Sind mehrere Drüsen gleichzeitig betroffen, wird das Krankheitsbild als Hordeolosis bezeichnet.

Das Gerstenkorn kann jeden betreffen.

Häufig kommt es jedoch zu einem Hordeulum, wenn allgemein trockene Augen vorliegen, z.B. anlagebedingt, bei trockener Heizungsluft oder durch andere (vor allem rheumatische) Grunderkrankungen. Treten immer wieder diese Entzündungen auf, sollte an ein geschwächtes Immunsystem gedacht werden. Dafür ursächlich können z.B. Medikamente (vor allem Immunsuppressiva und Cortison) oder systemische Erkrankungen wie Diabetes mellitus sein.

Andere Grundkrankheiten wie chronische entzündliche Darm-Krankheiten (Morbus Crohn und Colitis ulcerosa) oder Akne vulgaris begünstigen ebenfalls häufige Rezidive. Auch sollte reflektiert werden, ob die nötige Hygiene eingehalten wird oder die Neuinfektionen nicht selbst herbeigeführt werden (z.B. durch Reiben in den Augen, Tragen von verunreinigter Wimperntusche oder infizierten Kontaktlinsen bzw. durch die Kontaktlinsenflüssigkeit).

Symptome

Typische Symptome sind eine schmerzhafte Schwellung und Rötung am Augenlid. In der Regel ist nach ca. einer Woche das Gerstenkorn reif und es kommt zu einer spontanen Entleerung des Eiters und folglich zu einer Redzierung des Druck und somit der Schmerzen.

Nicht selten ist die Bindehaut mit betroffen und erscheint gerötet mit vermehrter Gefäßzeichnung (Bindehautentzündung).

Bei der äußeren Form kann ggf. Eiter sichtbar sein, bei dem inneren Gerstenkorn ist in einigen Fällen nur eine leichte Vorwölbung sichtbar.

In der Regel treten die Symptome relativ schnell auf. Fieber mit Schüttelfrost kann hinzukommen. Schreitet die Entzündung fort, kann das Gerstenkorn einschmelzen und zu einem Lid-Abszess oder einer Phlegmone führen.

Selten treten Thrombosen der benachbarten Gefäße auf. Dieses sind so nah am Auge und an dem Gehirn ernstzunehmende Komplikationen, welche eine zügige Therapie erfordern. Es handelt sich bei dem Gerstenkorn um eine Blickdiagnose, das heißt der erfahrene Arzt kann ohne weitere Untersuchung die Diagnose stellen.

Ein inneres Gerstenkorn wird manchmal jedoch erst sichtbar, wenn das Lid für die Untersuchung umgeklappt wird. Differentialdiagnostisch sollte vor allem an das Hagelkorn (Chalazion) gedacht werden. Dabei handelt es sich um eine Entzündung der Meibom-Drüsen auf Grund von Talgretention (der Talg kann aus verschiedensten Gründen nicht mehr ausreichend abfließen).

Typisch für diese Entzündung ist eine ausgeprägte Granulombildung, welche den knotigen Charakter verleiht. Unterschieden werden beide Erkrankungen besonders durch die Schmerzlosigkeit des Hagelkorns, selbst bei Druck.

Auch entsteht das Hagelkorn in der Regel über einen deutlich längeren Zeitraum. Ebenfalls sollte eine Entzündung der Tränendrüse ausgeschlossen werden. Diese zeigt sich ganz ähnlich, hinweisend sind die typische Paragraphenform des Auges sowie die entsprechende Entzündungslokalisation.

Hinter der vermeintlichen Infektion kann sich in seltenen Fällen auch ein bösartiger Tumor (das so genannte Talgdrüsenkarzinom) verstecken. Daher sollte jedes vermeintliche Gerstenkorn feingeweblich untersucht werden, welches auffällig lange keine Tendenz zur Besserung aufweist.

Abzugrenzen von einem Gerstenkorn ist der Talgdrüsenkrebs durch seine Schmerzlosigkeit und seine langsame Wachstumstendenz. Ist der Tumor bereits metastasiert, kommt es zu schmerlosen, derben Lymphknotenschwellungen im Halsbereich, welche ebenfalls ein wichtiger Hinweis auf Bösartigkeit sind.

Für die antientzündliche Therapie bei einer Phlegmone ist die Ursachenforschung bei entscheidend. Diese kann als Komplikation eines Gerstenkorns auftreten, doch meist ist sie Folge einer augennahen Nasennebenhöhlen-Entzündung (Sinusitis) oder anderer lokaler Infektionsherde. Ein Hämatom (blauer Fleck) ist differential-diagnostisch meist leicht durch die Anamnese abzugrenzen.

Therapie

Die Therapie erfolgt bevorzugt lokal, z.B. in Form von desinfizierenden und antibiotischen Augentropfen oder als Salbe.

Kühlung in Form von Cool-Packs kann effektiv die Entzündung reduzieren und die Symptome mildern. Aber auch Rotlicht kann die Heilung beschleunigen, denn die trockene Wärme führt zu einer Reifung des Eiterherdes und somit zu einer schnelleren spontanen Entleerung. Vorsicht ist allerdings bei feuchter Wärme geboten. Diese kann die Haut aufweichen und so die Entzündungssituation verschlimmern.

Wichtigste Basismaßnahme ist die Einhaltung von speziellen Hygieneregeln. So sollten die Hände häufiger gewaschen und ggf. sogar desinfiziert werden, vor allem aber regelmäßig nach Kontakt mit dem bakteriell besiedelten Infekt.

Andernfalls kann es zu wiederholten Re-Infektionen, zu einem zusätzlichen Befall des zweiten Auges oder einer Ansteckung von z.B. Familienmitgliedern kommen. Ergänzend ist eine körperliche Schonung sinnvoll.

Reichen die konservativen Maßnahmen nicht aus, kann über einen kleiner Einstich oder Schnitt die Eiteransammlung entlasten werden. Dieser Eingriff sollte grundsätzlich durch einen Arzt erfolgen.

Eine eigenhändige Manipulation sollte dringlichst unterlassen werden, da durch Verschleppung der Bakterien über das Gefäßsystem Komplikationen im Bereich des Gehirns (z.B. septische Sinus-Venen-Thrombose oder Hirnabszesse) drohen.

Weiterhin besteht sonst die Gefahr einer ungünstigen Narbenbildung, welche zu Lidrandveränderungen (z.B. Entropium) oder Verklebungen führen kann. Insgesamt ist die Prognose jedoch sehr gut, wenn keine Komplikationen auftreten. Ein Wiederauftreten der Erkrankung ist jedoch nach Ausheilung möglich.


Beitragsbild: pixabay.com – sipa

Dieser Beitrag wurde letztmalig am 06.06.2012 aktualisiert.