Amblyopie – Die Schwachsichtigkeit nur eines Auges
Als Amblyopie (aus dem griechischen für “stumpfes Auge”) wird eine dauerhafte Sehschwäche eines Auges (selten auch beide Augen) bezeichnet, die auf einer Fehlentwicklung des Sehsystems während der kindlichen Entwicklung beruht.
Die Fähigkeit, die Umgebung mit beiden Augen (binokular) wahrnehmen zu können, entwickelt sich in den ersten sechs Lebensjahren.
Hauptverantwortlich für eine physiologische Ausbildung ist das Gehirn, welches sich in unterschiedliche Bereiche für die verschiedenen Fähigkeiten des Menschen gliedert. Der visuelle Cortex dient z.B. dem Sehen. Kommt es zu Störungen in diesem Bereich, wirkt sich dies auch auf die Sehfähigkeit aus, u.a. kann dies zu einer entwicklungsbedingten Schwachsichtigkeit (Amblyopie) führen.
Ca. 50 Prozent aller Fälle sind durch Anisometropie (unterschiedliche Fehlsichtigkeit beider Augen, z.B. ein Auge normalsichtig, das andere weitsichtig) bzw. Ametropie (Fehlsichtigkeit, z.B. Kurzsichtigkeit) verursacht. Daneben gilt die Amblyopie als häufigster durch Schielen (Strabismus) verursachter Schaden (ebenfalls nahezu 50 Prozent).
Durch Reizunterdrückung (partielle / vollständige Reizdeprivation) versucht das Gehirn, die durch das fehlblickende Auge erhaltenen Informationen auszublenden und somit eine Doppelprojektion von fixierten Gegenständen zu vermeiden (hier sind bereits die ersten Monate nach Geburt prägend). Durch die Unterdrückung werden im Gehirn nur noch die Zellen des normalsichtigen Auges gereizt und entwickelt, was dazu führt, dass im Verlauf nur noch mit dem gesunden Auge gesehen wird, während die Funktion des schielenden Auges immer weiter eingeschränkt wird (Zellen für das binokulare Sehen werden nicht ausgebildet). Unbehandelt kann es so zu einem irreparablen Verlust der Sehkraft des betroffenen Auges kommen.
Bedingt durch die Vernetzung des visuellen Apparates mit Gehirnzellen (die Ausprägung und Reifung aller Gehirnzellen erfolgt in den ersten Lebensjahren) zeigt sich eine Amblyopie nur im Kindesalter. Beim Erwachsenen sind sämtliche Gehirnregionen vollständig ausgebildet, die Zellen bedürfen hierfür keiner weiteren Information und können somit durch Schielen auch nicht in Mitleidenschaft gezogen werden. Hier führen Fehlstellungen der Augen zu den Doppelbildern, die in der Kindheit vom Gehirn unterdrückt werden.
Neben Strabismus, Anisometropie und Ametropie als Ursachen einer Amblyopie kann u.a. auch der angeborene graue Star (Cataracta congenita / connatale) zu Schwachsichtigkeit führen und stellt eine Indikation zur sofortigen Therapie nach Geburt dar. Daneben gelten auch die kindliche Ptosis (Lidsenkung, hängendes Lid), perinatale Komplikationen, Frühgeburt sowie familiäre Prädisposition als Risikofaktoren.
Die Therapie setzt in den ersten Monaten vor allem auf die Abdeckung des gesunden Auges mittels Okklusionspflaster. Da gerade kurz nach der Geburt eine spezielle Prägung und Ausbildung aller Gehirnzellen erfolgt, muss diese Methode unter ständiger ärztlicher Kontrolle in abgestimmten Rhythmen erfolgen.
Das geschwächte Auge soll so gezwungen werden, alle Reize vollständig aufzunehmen, hierdurch eine physiologische Entwicklung der Rezeptoren im Gehirn zu bewirken, um letztendlich das binokulare Sehen zu ermöglichen. Zusätzlich werden in den ersten Jahren Sehhilfen verordnet, die auf die jeweilige Fehlsichtigkeit abgestimmt sind.
Eher selten erfolgt bereits im Kleinkindalter ein operativer Eingriff (nur bei schwerwiegenden Fällen). Je früher die richtige Diagnose gestellt wird, um so besser sind die Heilungserfolge.
Beitragsbild: pixabay.com – LhcCoutinho
Dieser Beitrag wurde letztmalig am 06.06.2012 aktualisiert.