Differences in the quality of interpersonal care in complementary and conventional medicine – André Busato and Beat Künzi
Als Hintergrund dieser bemerkenswerten Studie gaben die Autoren an, dass es sich hierbei um Teil einer landesweiten Begutachtung von alternativer (komplementärer) Medizin in der Schweiz handelt. Das Ziel der Studie war, das Patienten-Arzt-Verhältnis und die damit einhergehende, vom Patienten beurteilte Linderung von Symptomen zwischen CAM (alternativer Medizin) und COM (Schulmedizin) zu vergleichen.
Dazu gab es einen Fragebogen, der von den Patienten ausgefüllt werden musste. 6133 Patienten nahmen an der Studie teil, alle älter als 16 Jahre. Dies waren die Patienten von 170 staatlich geprüften CAM Ärzten, 77 nicht geprüften CAM Ärzten und 71 COM Medizinern oder Schulmedizinern. Die Patienten füllten den Fragebogen aus mit Fragen nach Linderung von Symptomen, Zufriedenheit des Patienten, Erfüllung der Erwartungen und der Qualität der Patienten-Arzt-Interaktion (EUROPEP Erhebung).
Als Resultat konnte folgendes festgehalten werden: Die CAM Ärzte behandelten deutlich mehr Patienten mit chronischen Leiden als deren COM Kollegen. CAM Patienten hatten die deutlich höheren Heilungserwartungen als COM Patienten. Die generelle Zufriedenheit der Patienten mit der Behandlung war bei CAM Patienten signifikant größer als bei den COM Patienten. Allerdings fiel die Linderung von Symptomen bei der CAM Gruppe deutlich schlechter aus als in der COM Gruppe. Dafür war die Qualität der Kommunikation zwischen Arzt und Patient in der CAM Gruppe signifikant besser als in der COM Gruppe.
Die Autoren hielten als Schluss fest, dass diese Studie zeigen konnte, dass CAM in der Schweiz bei den Patienten deutlich besser abschneidet als COM. Dies ist begründet in einer höheren Zufriedenheit mit dem besseren Patient-Arzt-Verhältnis in CAM. Die effektiveren Kommunikationsmöglichkeiten zwischen Patient und Arzt scheinen auch eine Rolle zu spielen bei dem Aufbau einer positiven Erwartungshaltung seitens der Patienten. Zum Schluss folgerten die Autoren, dass die Studie Anstoß in der COM sein sollte, eine bessere Kommunikation zwischen Arzt und Patienten aufzubauen, um zu ähnlichen Resultaten zu gelangen wie bei CAM beschrieben werden konnten.
Während ich die Schlussfolgerung zu idealistisch bzw. weltfremd erachte, ist diese Studie dennoch eine interessante wissenschaftliche Erhebung der etwas anderen Art. Hier wird erstmalig in einigen kritischen Punkten die (vom Aberglauben betriebene und nicht bewiesene) CAM mit der (evidenzbasierten, allseligmachenden) Schulmedizin verglichen. Und prompt fällt die Schulmedizin wieder mal durch. Nur in einem Aspekt kann sie das rettende Ufer erreichen: Linderung von Symptomen. Aber es ist nicht sonderlich überraschend, dass hier die Schulmedizin besser abschneidet, denn das ist ja ihr Hauptjob, die Behandlung von Symptomen. Wenn sie auch in diesem Aspekt versagt hätte, wofür wäre sie dann überhaupt noch gut? Die alternative Medizin schaut aber weniger nach den Symptomen, sondern interessiert sich mehr für die den Symptomen zugrunde liegenden Ursachen. Symptome werden angegangen, wenn sie nicht tolerabel sind.
Es ist auch häufig der Fall, dass eine begonnene Therapie in der CAM anfänglich zu einer Verstärkung der Symptome führt. Dies wird, je nach Schule und Ausrichtung, „Erstverschlimmerung“, „Heilkrise“ oder „Scanning Effekt“ genannt. Dazu kommt noch in dieser Studie, dass CAM deutlich mehr chronische Erkrankungen behandelt hat als COM. Dies ist ein weiterer Punkt, der eine Linderung von Symptomen verzögert, denn es ist klar, dass die Symptome chronischer Erkrankungen nicht mit einer Hau-Ruck-Therapie zum sofortigen Verschwinden gebracht werden können.
Von daher messe ich diesem „Gegentor“ von der COM Gruppe keine große Bedeutung zu. Die CAM Gruppe war offensichtlich vor die weitaus größere Herausforderung gestellt worden, eine Herausforderung, an der die tägliche Praxis der COM immer und immer wieder scheitert.
Wie wäre es mit einer Studie, die CAM und COM bei der Behandlung von chronischen Fällen vergleicht? Diesmal nach objektiven Kriterien, die die evidenzbasierten Berufsskeptiker auch verstehen.
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