Fibromyalgie: Ursachen, Verlauf, Diagnose Therapie
Die Fibromyalgie ist eine Sonderform des Weichteilrheumatismus und bedeutet übersetzt Faser-Muskel-Schmerz. Sie beschreibt einen nicht-entzündlichen, chronischen Prozess, durch den es zu schmerzhaften Verhärtungen von Muskelsträngen kommt.
Die Fibromyalgie kann in jedem Lebensalter entstehen, tritt aber vermehrt zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr in Erscheinung und weist einen Erkrankungsgipfel um das 40. Lebensjahr auf. In der Bundesrepublik leiden ca. zwei Prozent der Bevölkerung unter den schmerzhaften Symptomen, dabei erkranken Frauen wesentlich häufiger als Männer (Verhältnis 9 : 1).
Die Ursachen für die Entstehung sind noch nicht vollständig geklärt, man vermutet aber neben einem gestörten Immunsystem eine Fehlfunktion der Leitungsbahnen und hierdurch eine fehlgeleitete und falsch verarbeitete Schmerzreaktion. Begünstigend auf die Ausbildung der Krankheit wirken sich unter anderem traumatische Einschnitte (Operationen, Verletzungen), Infektionen, Muskelverletzungen (die zu einer Minderdurchblutung führen), andauernder physischer und psychischer Stress, schwere körperliche Tätigkeiten, Müdigkeit sowie eine kalte oder feuchte Umgebung aus.
Neben der primären Form kann sich die Fibromyalgie auch bei anderen Erkrankungen als Begleitsymptom zeigen (= sekundäre Fibromyalgie). Hierzu zählen unter anderem Kollagenosen, Tumoren, virale Infektionen oder neurologische Erkrankungen (zum Beispiel Morbus Parkinson).
Fibromyalgien führen zu Schmerzempfindungen, die sich an allen Muskeln des Bewegungsapparates sowie den zugehörigen Sehnenansätzen zeigen können. Daneben wird auch das vegetative Nervensystem in Mitleidenschaft gezogen.
Der menschliche Organismus weist 18 sogenannte Tender Points oder auch Triggerpunkte auf, die bei Druck zu einer Schmerzreaktion führen können. Sie werden für die Diagnostik spezieller Erkrankungen genutzt. Die Schulmedizin klassifiziert die Fibromyalgie nach bestimmten Gesichtspunkten.
Danach liegt eine Erkrankung vor, wenn sich die Symptome an mindestens drei Körperstellen über einen Zeitraum von mehr als drei Monaten zeigen. Zusätzlich müssen von den 18 Tender Points mehr als elf druckempfindlich reagieren.
Der Beginn der Erkrankung ist meist uncharakteristisch. Betroffene klagen über Schlafstörungen, Magenprobleme oder Darmbeschwerden, die Leistungsfähigkeit sinkt.
Im Verlauf bilden sich häufig Schmerzen im Wirbelsäulenbereich aus, die in die Extremitäten ausstrahlen. Typisch sind ziehende, zum Teil brennende Schmerzen der Muskulatur. In der Nacht und bei körperlicher Arbeit kommt es zu einer Schmerzzunahme, nach der Ruhephase fällt das Aufstehen schwer (Morgensteifigkeit).
Die Muskulatur neigt zu Krämpfen, ihre Kraft geht langsam verloren. Bei zusätzlicher Beeinträchtigung des Nervensystems kommt es zu Parästhesien in den Extremitäten (Taubheitsgefühle, Kribbeln), außerdem zu Konzentrationsstörungen, Magen–Darm-Reizungen (Übelkeit, Erbrechen, Durchfall), Tremor (Zittern) und vermehrter Schweißproduktion.
Weitere klinische Anzeichen sind allgemeine Erschöpfung, subfibrile Temperaturen (also leicht erhöhte Temperatur zwischen 37,1 und 37,9 Grad Celsius), Ödeme (vor allem an den Beinen), depressive Verstimmungen, Angstzustände, Kopfschmerzen, Gleichgewichtsstörungen, Durchblutungsstörungen (z.B. kalte Finger), Ohrgeräusche (Tinitus) sowie eine Beeinträchtigung der Sehfähigkeit (zum Beispiel Doppelbilder, siehe auch: Augenkrankheiten).
Vor allem Stress und seelischer Druck verstärken die Symptomatik. Die Chronifizierung erfolgt über den langsamen Verlauf über Monate hinweg. Betroffene meiden bestimmte Bewegungen, ziehen sich vermehrt aus dem aktiven Leben zurück, werden immobiler.
Es drohen Muskelabbau und Sehnenverkürzungen, die im schlimmsten Fall zu Kontrakturen der geschonten Extremitäten führen können. Eine Zerstörung der betroffenen Regionen droht jedoch nicht.
Die Diagnostik nutzt neben der ausführlichen Anamnese und der Inspektion vor allem die Druckempfindlichkeit der 18 Tender Points. Differenzialdiagnostisch erfolgt der Ausschluss anderer rheumatoider Erkrankungen, arthrotischer Gelenkveränderungen oder entzündlicher Erkrankungen der Muskulatur, die der Fibromyalgie in ihrem klinischen Bild ähneln. Eher selten werden bildgebende Verfahren genutzt und auch das Blutbild gibt kaum Aufschluss über die Erkrankung.
Die schulmedizinische Therapie erfolgt rein symptomatisch, eine Heilung gilt in der Schulmedizin als nicht möglich – bedingt durch die noch fehlenden Erkenntnisse zu den Ursachen und medizinischen Zusammenhängen. Die Therapieansätze liegen hauptsächlich in einer nicht-medikamentösen Kombinationstherapie mit Muskelstärkung (Sport, Krankengymnastik), Lockerung des gesamten Bewegungsapparates (Massagen, Wärmebehandlung) sowie psychotherapeutischen Maßnahmen (Entspannungsübungen, Gesprächstherapien) über einen längeren Zeitraum.
Medikamentös unterstützend wirken Schmerzmittel, Akupunktur sowie der Einsatz von Antidepressiva. Das Problem bei den Medikamenten ist aber: Übliche Schmerzmittel zeigen bei der Fibromyalgie oft nur wenig Wirkung. Alternativ werden sogenannte Antikonvulsiva eingesetzt. Das sind Medikamente, die normalerweise Krampfanfälle verhindern.
Relativ neu ist eine komplexere Betrachtung der Symptome, bei der die Patienten in drei Gruppen eingeteilt werden:
- Zur ersten Gruppe gehören Menschen, die durch die starken Schmerzen Angstzustände und Depressionen entwickelt haben. Ihnen wird eine kognitive Verhaltenstherapie sowie (bei Bedarf) eine medikamentöse Behandlung der psychischen Symptome empfohlen. Beides hilft den Patienten, besser mit den Schmerzen umzugehen.
- Zur zweiten Gruppe gehören Patienten mit Schlafstörungen und starken Schmerzen. Bei ihnen steht die Behandlung der Schmerzen im Vordergrund.
- In die dritte Gruppe gehören Patienten, denen durch die körperlichen oder seelischen Symptome der Krankheit eine vorzeitige Verrentung droht. Sie sollen möglichst bald eine Reha-Maßnahme erhalten, die auch eine Psychotherapie mit einschließt.
Mit den geeigneten Maßnahmen lässt sich bei den meisten Fällen eine Schmerzreduktion von über 30 Prozent erzielen. Hinzu kommt die Erkenntnis, dass mit zunehmendem Alter (ca. ab dem 60. Lebensjahr) häufig die Symptomatik nachlässt.
Wie bei vielen anderen Krankheiten ist es wichtig, die Therapie möglichst frühzeitig zu beginnen. Umso höher sind die Erfolgschancen.
Das Problem: Die Symptome sind lange Zeit so unspezifisch, dass die richtige Diagnose oft erst sehr spät gestellt wird. Viele Patienten berichten von einer langen Suche nach den Ursachen. Nicht selten bekommen sie dabei den Stempel „psychosomatisch“ aufgedrückt. Umso wichtiger, dass möglichst viele Menschen über die Krankheit Bescheid wissen!
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Beitragsbild: 123rf.com – subbotina
Dieser Beitrag wurde letztmalig am 06.10.2016 aktualisiert.