Wie wir alle wissen, soll nach dem Willen der Bundesregierung für alle Bürger eine elektronische Patientenakte (ePA) eingerichtet werden und ein Leben lang gelten.
Die Akte soll zukünftig Auskunft darüber geben, welche Medikamente Patienten nehmen, welche Vorerkrankungen vorliegen, wie die Blutwerte sind oder auch welche Untersuchungen im Vorfeld vorgenommen wurden. Die Überlegung, ob hier der Phantasie in Sachen weiterer Datenerhebung durch den politisch-pharma-digitalen-Komplex keine Grenzen gesetzt sind, überlasse ich jedem selbst.
Die entsprechenden Daten werden laut der Gematik (gematik GmbH, Nationale Agentur für digitale Medizin) nicht wie sonst nach 10 Jahren gelöscht, sie sind für ein ganzes Leben gedacht.
Nun macht Klabauterbach Druck: Mussten sich bisher die Patienten aktiv FÜR die ePA entscheiden (Opt-in), sollen alle gesetzlich Versicherten nun automatisch eine ePA bekommen, bis 2024 soll der Prozess dann abgeschlossen sein. Menschen, die diese ePA nicht wollen, MÜSSEN nun künftig aktiv per Opt-out (wörtlich etwa "nicht mitmachen") WIDERSPRECHEN. Und das sollte man schnellstmöglich tun, denn:
Die elektronische Patientenakte markiert einen Paradigmenwechsel im Umgang mit privaten Daten: Endziel ist die digitale Gesellschaft!
Gesetze legalisieren den Zugriff auf die Privatsphäre.
Die gematik ist keine reine Privatgesellschaft, ihre Struktur entspricht viel eher dem, was sich die Mitglieder des Weltwirtschaftsforums (WEF) für unser aller Zukunft ausgedacht haben: Eine Public-Private-Partnership (PPP), also eine öffentlich-private Partnerschaft. Öffentlich-private Partnerschaften sind längerfristige Vereinbarungen zwischen einer Regierung und einem oder mehreren Privatunternehmen. Auch zahlreiche andere Stakeholder, also Vertreter verschiedener Interessen — auch Lobbyisten genannt —, können, wie im Falle der gematik, beteiligt sein.
Bezeichnend ist, dass der gematik-Geschäftsführer Markus Leyck-Dieken nicht unbedingt die Interessen von Patienten im Sinne haben dürfte, was sich allein schon aus seiner Vita ergibt:
- Leyck-Dieken ist zwar Mediziner, hat sich aber überwiegend als Manager in der Pharmabranche verdient gemacht: Er war als Medical Director Europe Central für das dänische Pharmaunternehmen Novo Nordisk tätig und errichtete für das kalifornische Biotech-Unternehmen Inter-Mune Inc. die erste Europa-Niederlassung. Für den israelischen Pharmakonzern Teva transformierte er als Vorsitzender der Geschäftsführung die Teva ratiopharm Gruppe erfolgreich zur digitalen Innovation. Außerdem war er globaler Leiter des Zukunftsprogramms Teva 2021 für die Digitale Patientenversorgung und hat für das japanischen Pharmaunternehmen Shionogi Europe eine Deutschland-Niederlassung aufgebaut. Leyck-Dieken gilt als IT-Spezialist.
Aber nicht nur Berufsverbände des Gesundheitswesens sind im Spiel auf der Jagd nach Patientendaten, auch Hard- und Softwarehersteller sind wichtige Akteure. Einer davon ist beispielswesie der amerikanische IT-Riese IBM.
Ein weiterer Akteur ist die Bertelsmann-Stiftung.
Da auch einem Klabauterbach durchaus bewusst sein dürfte, dass sein Vorstoß datenschutzrechtlich problematisch ist, wurde mal eben, schwuppdiwupp, ein Rechtsgutachten durch die Stiftungen Münch und Bertelsmann in Auftrag gegeben. Die Gutachter kommen — was nicht anders zu erwarten war — zu dem Schluss, dass die Umstellung der ePA auf das Opt-out-Verfahren datenschutzrechtlich problemlos sei. Na klar. Genau wie die Studie der Bertelsmann-Stiftung, die den Abriss von 700 Krankenhäusern initiiert hatte. Außerdem, so die Studie damals, könnte so die Zahl der Krankenhausaufenthalte bis 2030 — das magische WEF-Datum für die vollendete Transformation — auf 14 Millionen pro Jahr gesenkt werden.
Nebenbei - Bertelsmann ist, wen wundert´s, WEF-Mitgliedˍ. Alles andere wäre ja auch wirklich langweilig.
Auch das digitale Krankenhaus steht in den Startlöchern, die Telematikinfrastruktur ist in vielen Bereichen schon weit fortgeschritten, lediglich die medizinischen Daten der Bürger fehlen noch. So hat man an der Universitätsmedizin Greifswald bereits 2018 mit dem digitalen Projektˍ KAS+ den Grundstein für das digitalisierte Krankenhaus der Zukunft gelegt.
Und so weiter und so weiter.
Lange Rede. kurzer Sinn - hier ein Musterschreiben für den Einspruch zur ePA an die Krankenkasse (es empfiehlt sich das Versenden durch Einwurfeinschreiben):
Sehr geehrte Damen und Herren
hiermit widerspreche ich dem Anlegen einer elektronischen Patientenakte zu meiner Person.
Das Bundesverfassungsgericht hat eine Beschwerde und einen Eilantrag gegen Regelungen zur
elektronischen Patientenakte abgewiesen. Als Begründung wurde genannt, dass die Akte für
Patienten freiwillig sei.
Daher weise ich ausdrücklich darauf hin, dass ich keine elektronische Patientenakte haben möchte.
Zudem weise ich auf § 335 SBG V in der Fassung des PDSG hin:
(3) Die Versicherten dürfen nicht bevorzugt oder benachteiligt werden, weil sie einen Zugriff auf
Daten in einer Anwendung nach § 334, Absatz 1, Satz 2 bewirkt oder verweigert haben.
Die von der Bundesregierung vorgesehene Möglichkeit des Opt-out-Widerspruchs, nachdem die ePA
angelegt wurde, findet in meinem Fall keine Anwendung, da die Akte nicht angelegt werden darf.
Mit freundlichen Grüßen