Mal einige weitere Infos zu Polio, obwohl ich mir sicher bin, dass ich zu Polio schon früher einiges geschrieben hatte. Aber beginnen wir zunächst mal mit dem Jahr 1870:
Bis ca. 1870 gab es weltweit keine paralytischen Polio-Epidemien, dabei hat es Polio sehr wahrscheinlich auch früher immer schon gegeben, und wenn, dann lediglich mit leichten grippeähnlichen Symptomen. Genau 1870 war dann das Jahr, in dem die chemische Verbindung Dichlordiphenyltrichlorethan erstmals beschrieben wurde. Bekannt wurde diese Verbindung als DDT. Aber es sollte noch gut 70 Jahre dauern, bis ein Schweizer, der Chemiker Paul Hermann Müller, 1939 die tödliche Wirkung dieser Verbindung auf Insekten erkannte. Müller war als Forschungschemiker Angestellter der Firma Ciba Geigy in Basel und hatte bis dahin bereits Hunderte von Substanzen auf Toxizität gegen Insekten durchgeprüft. Er bekam später für seine Entdeckung den Nobelpreis.
Da das Mittel auch Zecken, Läuse und Milben tötet, war das Militär 1942 hoch erfreut, als Geigy sein DDT probeweise zur Verfügung stellte, hatte man doch ziemlich schnell erkannt, wie kriegswichtig der neue Stoff war. Das Militär stufte DDT als "sekundären" Kampfstoff ein, mit DDT imprägnierte Unterhosen schützten die Soldaten vor Ungeziefer.
Kriegswichtiger aber war der Einsatz von DDT gegen die Anopheles-Mücke, die Überträgerin der Malaria. Flugzeuge der US-Air Force und der Royal Air-Force versprühen vor dem Einsatz von Bodentruppen DDT und schützten so die Soldaten vor Ansteckung. Den größten Durchbruch aber feierte DDT 1943. Damals brach in Neapel Flecktyphus aus, eine extrem ansteckende Krankheit, die durch Kleiderläuse übertragen wird. DDT gestattete eine wirkliche Rationalisierung, ja geradezu Industrialisierung der "Entwesung" bei gesteigerten Erfolgschancen. In der sogenannten "Zweiten Schlacht" um Neapel wurden in 43 Entlausungsstationen 1,3 Millionen Behandlungen durchgeführt. Durch DDT gelang die schnelle Eindämmung der Epidemie. Geigy legte damals großen Wert darauf, als Erfinder des "Wundermittels" bekannt zu werden, Paul Müller erhielt einen Doktortitel ehrenhalber.
Die Euphorie für das neue "Wundermittel" war dann so groß, dass es bis in die Wohn- und Schlafzimmer vordrang: Als wirksamer Schutz gegen Motten und Insekten. Alte Werbebilder zeigen Hausfrauen, die mit einer Sprühdose DDT auf Matratzen ausbringen oder das weiße Pulver neben dem Mülleimer verstreuen, um Ameisen zu vernichten. Es gab DDT-Werbung en masse und da ja bereits um 1870 ein Patent für ein "Pestizidsprühgerät" angemeldet wurde, konnte man nun in großem Stil "arbeiten":
Nichts schien DDT damals aufhalten zu können.
Bis Rachel Carson ihr Buch "Silent Spring" (Der stumme Frühling) veröffentlichte.
"Die Herrschaft über die Natur ist ein Schlagwort, das man in anmaßendem Hochmut geprägt hat. Es stammt aus der "Neandertal-Zeit" der Biologie und Philosophie, als man noch annahm, die Natur sei nur dazu da, dem Menschen zu dienen und ihm das Leben angenehm zu machen!", so eine ihrer Aussagen. Und es kam, wie es kommen musste - Rachel Carson fiel in Ungnade, Kritiker versuchten ihr Buch zu verhindern, der ehemalige Landwirtschaftsminister Ezra Taft Benson beschimpfte sie als eine Kommunistin. Insektizidhersteller bezichtigten sie der Sabotage, Carson würde mit ihren Thesen die amerikanische Lebensmittelproduktion untergraben.
Doch Carsons Buch wird ein internationaler Bestseller. Carson schreibt eindringlich, emotional, entwirft ein Horrorszenario für eine fiktive amerikanische Kleinstadt: Keine Bienen summen dort mehr, keine Vögel singen, fischleer sind die Flüsse und Seen. Dann sterben auch die Menschen: Neuartige Leiden treten auf, plötzliche Übelkeit befällt die Kinder, die mitten im Spiel umfallen, machtlos müssen hilflose Ärzte ihrem Sterben zusehen.
Es begann eine Zeit der Expertisen. Wissenschaftler wurden zu politischen Akteuren. Präsident Kennedy wies seine Berater an, einen Bericht zu den aufgeworfenen Fragen auszuarbeiten. Ein DDT-Verbot kam schließlich aus dem Bundesstaat Wisconsin. Dort sollte in einem Gerichtsverfahren geklärt werden, ob DDT für Mensch und Tier sicher sei und deshalb die Behörden ein Recht hätten, es anzuwenden. Die Anhörung im Oktober 1968 wurde zum Desaster für die Behörden: Im Kreuzverhör mussten Vertreter des Landwirtschaftsministeriums zugeben, dass sie keine unabhängigen Tests durchgeführt hatten, um die Angaben der Industrie zu kontrollieren.
Sieben Jahre nach dem Erscheinen von "Der Stumme Frühling" erließ Präsident Nixon dann 1969 schließlich ein amerikaweites Verbot von DDT. Ein Riesenerfolg für die amerikanische Umweltbewegung, und dieser Erfolg schwappte bis nach Europa. Auch hier wurde in vielen Staaten DDT in den folgenden Jahren verboten, in der Bundesrepublik z.B. 1972. Aber es war zu spät. Der Einsatz von Pestiziden, insbesondere des DDT, forderte seinen Tribut. Hierfür sprechen Polioausbrüche im Jemen und in Indonesien 2005. Ein Desaster, gingen die Polioausbrüche doch statistisch gesichert nach Ende des 2. WK zurück, auch in Ländern, in denen nur wenig gegen Polio geimpft wurde.
In den jahren 1942 bis 1962 galten Pestizide als Allheilmittel, gleichzeitig aber schossen die Polioraten gen Himmel, 1962 wurde dann "endlich" der Salk-Polio-Impfstoff als Schluckimpfung auf den Markt gebracht - ein paar Tropfen auf einem Stück Würfelzucker. "Süß! Alle Kinder naschen gern", so die Werbung des österreichischen Gesundheitsministers Franz Löschnak 1988 für die Polio-Impfung.
Um die Menschen von der Wirksamkeit der Impfung zu überzeugen, kamen windige Berater auf die glorreiche Idee, die Polio-Statistik ein wenig zu frisieren: Galten bis zur Einführung der Polio-Impfung 1962 alle Erkrankungen inklusive aller Verdachtsfälle - also auch Fälle ohne Lämungen und auch kurzzeitige Lähmungen - als Polio, wurden nach Einführung der Impfung nur noch Fälle gemeldet mit Lähmungserscheinungen von mehr als 60 Tagen. Ergebnis: Die Rate der Polio-Erkrankungen ging um 99% zurück. Ein Erfolg der impfung, wie es hieß. Und so propagiert man es auch noch heute.
Dass dies nicht stimmt zeigen weltweite Beobachtungen. Beispielsweise nutzlose Impfaktionen in Indien:
- mindestens einmal im Jahr landesweite Polio-Impfaktionen
- manche Kinder werden dabei über ein Dutzend mal gegen Polio geimpft
- 2006 dann die weltweit größte Polio-Impfaktion, bei der auf Anweisung der indischen Regierung 120.000.000 Kinder gegen Polio geimpft werden
- ".... trotzdem grassiert dort die Polio-Seuche! ....", so Die Welt am 17. Nov. 2006
- "Impfkampagne gegen Polio offenbar nutzlos", konnte man auf pressetext.de am 25.10.2006 lesen
Mittlerweile wissen wir, dass die Verbreitung von Polio maßgeblich von drei Faktoren abhängt:
- Mangel an Ernährung
- mangelhafter Hygiene und mangelhaften sanitären Zuständen
- umweltbedingten Ursachen, wie eben beispielsweise ein massiver Pestizideinsatz.
Ein gutes Beispiel hierfür ist das DDT-Verbot. Nach diesem Verbot gingen die Poliofälle fast bis auf null zurück, schossen aber ab 1983 wieder in die Höhe, nachdem DDT in Mischungen wieder neu eingeführt wurde. Die Zahl der Poliofälle kletterte auf fast 60.000 Erkrankungen allein in den USA. Wobei DDT hier als Synonym für alle chlorhaltigen Verbindungen steht.
Und es gibt weitere Beispiele für Polio-Ausbrüche nach Impfungen:
- Rio de Janeiro, ca. 80 Poliofälle pro Jahr, 1965, nach Einführung der Impfung, 700 Fälle
- Israel, 1974, 1976 und 1988
- Taiwan, 1980
- Finnland, 1984
- Gambia, 1986
- Oman 1988
- Albanien, 1996
Interessant und nur mal nebenbei angemerkt: Kurz bevor der Salk-Impfstoff 1962 auf den Markt kam, wurde ein DDT-Lobbyist Leiter der Polioforschung.
Wer mehr wissen möchte => hier geht´s zum Buch "Der stumme Frühling"