ich noch nicht, weil die Gebäude so schön sind und ich das Rahmenprogramm (Messe, Gesangsunterricht, bunte Gewänder) gut finde. Man müsste die Kirche nur entinstitutionalisieren (kein Lohn, keine Steuer), dann würden die falschen Fünfziger von allein das Weite suchen. Dann wird die Kirche zwar sehr klein werden aber warum nicht. Besser klein und gut als ein großer Misthaufen.
Auch ich bin nicht aus der evangelischen Kirche ausgetreten, sondern gehe (fast) jeden Sonntag hin. Ich bin da in einer Gemeinschaft, die nicht wie in der katholischen streng vorgeschrieben bekommt, was sie zu glauben hat, was sie freitags essen darf, dass sie ihre „Sünden“ zu beichten hat,wobei genau definiert wird, was Sünde ist, kurzum, der jede Verantwortung für ihr Leben abgenommen wird. Ich spüre körperlich den Segen des gemeinsamen Gebetes, der einfach stärker ist als beim Gebet im stillen Kämmerlein. Ich fühle mich vernetzt mit allen Menschenfreunden aller Religionen, aber im Gottesdienst, der körperlichen Präsens, fühle ich die Verbindung stärker. Wer noch nicht aus der Kirche ausgetreten ist, weiß in der Regel warum.
Kein Lohn, keine Steuer?
Mein Bruder war Pfarrer, hat studiert, geheiratet, 4 Kinder großgezogen. Seine Frau hat sich selbstverständlich mit eingesetzt. Ein Pfarrer, der seinen Beruf ernst nimmt, ist beruflich voll gefordert. Das ist nicht nur der Gottesdienst, die Predigtvorbereitung, die Taufen, Trauungen Beerdigungen. Dazu gehören Gespräche, Beratungen, ja, auch Beichten, aber keine verpflichtenden, Besuche bei Kranken, Gemeinderatssitzungen, Kongresse, Berichte an den Oberkirchenrat. Dann müssen oft Meinungsverschiedenheiten geschlichtet werden oder wenigstens in vernünftige Bahnen gelenkt werden. Da kann es auch um Glaubensfragen gehen, zwischen strengen Pietisten und offener Kirche, die den Wandel der Gesellschaft berücksichtigt. Das alles geht nicht nur um Gotteslohn. Die Familie muss davon leben können. Die Kinder studieren oder haben eine andere aufwändige Ausbildung. Dass es auch faule Pfarrer gibt, ist eine andere Sache, aber das ist wie in jedem Beruf.