Fortsetzung von #88
Die
Ausscheidung von Organismen, ob von Stockrosen oder menschlichen
Wesen, ist ihrer Art nach erschöpfte, tote Materie, besonders bei
Organismen derselben Art, und bei einer ausreichenden Konzentration
(dieser Ausscheidungen) ist das Resultat die Pilzerkrankung. Condy's
Fluid beseitigte wahrscheinlich die Stockrosenkrankheit durch
Neutralisation der autoinfektiösen Ausscheidungen der Stockrosen,
welche die Lebensgrundlage sind, auf der die Pilze leben und
gedeihen. Wahrscheinlich wirkt sie auf zweierlei Weise: durch den
Verbrauch oder die Neutralisation der Ausscheidungen der Malven
erhielten diese wieder einen giftfreien Boden, und die Fungi wurden
durch das Fehlen (der Ausscheidungen) geschwächt und wurden deshalb
schnell getötet, oder sie starben schlicht an Auszehrung, d.h. sie
verhungerten.
Wir
erinnern uns, dass die isoliert in einzelnen Reihen stehenden Malven
nicht von der Krankheit befallen wurden, da ihre Ausscheidungen nicht
ausreichend konzentriert waren, um den Fungi eine Lebensgrundlage zu
bieten. Wir heben hervor, dass die Stockrosenpflanzung, in der die
Krankheit schrecklich wütete, sehr groß war und seit langer Zeit
auf dem selben Platz bestand.
Die
Ausscheidungen von Organismen sind giftig, und sie sind schädlich
für den Organismus, der sie hervorbringt. Jeder kann beobachten,
dass dort, wo Pferde und Kühe auf derselben Weide grasen, die Pferde
das Gras in der Nähe des Kuhdungs abknabbern, jedoch nicht in der
Nähe ihres eigenen, und andererseits fressen die Kühe das Gras in
der Nähe des Pferdedungs und stoßen ihn sogar mit den Mäulern
beiseite, ohne den geringsten Widerwillen zu zeigen. Alle Kreaturen
verabscheuen ihre eigenen Ausscheidungen. Sogar das „schmutzige
Schwein“ ist sehr stallsauber, wenn es die Chance hat, was
offensichtlich auf denselben Prinzipien (wie bei den Pferden und
Kühen) beruht, während es gegen die Ausscheidungen anderer Tiere
keine Einwendungen hat.
Ärzte
kennen nur zu gut den Geruch von Schlafzimmern, und sogar ein sehr
großes Schlafzimmer, das nur von einer Person benutzt wird, wird
nach kurzer Zeit ziemlich muffig riechen, besonders wenn die Person
gerade darin schläft.
Die
Ausscheidungen lebender Organismen sind ganz offensichtlich schädlich
für diese selbst, und wenn sie ausreichend konzentriert sind, mehr
oder weniger tödlich, und es erscheint wahrscheinlich, dass die
Fungi sich darauf niederlassen und wachsen und gedeihen zum Vorteil
der Organismen, indem sie in jedem Fall den tödlichen Ausgang
hinausschieben; organische Überreste und Ausscheidungen bilden das
Pabulum (die Nahrung) der Fungi. Natürlich gehorchen auch die Fungi
den Naturgesetzen, und so werden auch sie wiederum von ihren eigenen
Produkten (Ausscheidungen) getötet.
Die
Natur duldet nichts wie auch immer geartetes Totes, denn sobald es
irgendwo etwas Abgestorbenes gibt, beginnt darin neues Leben.
Inwieweit Ausscheidungen von Fungi ihren Wirt vergiften, ist es
wert, untersucht zu werden und darüber nachzudenken und wird in
Zukunft stark in das therapeutische Blickfeld rücken (womit wir
wieder bei dem weit verbreiteten, ja geradezu ubiquitären
Schimmelpilz namens Penicillinum
angelangt wären).
Es
scheint mir so zu sein, dass diejenigen Kinder, die an Ringflechte
leiden, sich in besserer Gesundheit befinden als jene, deren Fungi
der Ringflechte durch lokale Maßnahmen abgetötet wurden. Meine
eigenen Beobachtungen, diesen Teil des Sujets betreffend, sind
augenblicklich nicht zahlreich genug, um mir eine eindeutige Meinung
zu bilden, aber so weit es mich betrifft neige ich zu der
Schlussfolgerung, dass ernste Erkrankungen oft von dem Zeitpunkt an
auftraten, als man vom Ringflechte geheilt wurde, d. h. von der Zeit
an, als die Fungi lokal mehr oder weniger auf der (Haut)Oberfläche
zerstört bzw. von dort vertrieben wurden. Ich kenne zwei Fälle, in
denen sehr schwere Formen von Taubheit gleichzeitig mit der
Vernichtung der Keime der Ringflechte begannen.
Die
Frage, die sich natürlicherweise sofort stellt, ist die, ob der
Trichophyton der Ringflechte in irgendeiner Beziehung zu dem Bacillus
der Tuberculose steht, und wenn ja, in welcher?
So
wie die Pilzerkrankung der Stockrosen dort am schlimmsten wütete, wo
sie am dichtesten standen, so ist es ebenfalls mit der Pilzerkrankung
Ringflechte in Schulen, wie berichtet wird, also dort,
wo die Schüler zahlreich und auf engem Raum zusammen sind.
Schulleiter und -ärzte sind sich sicher, dass ringworm oder
Ringflechte von außerhalb in die Schule importiert worden sind, von
Kindern, die von zu Hause kommen. Aber meine Erfahrung sagt mir, dass
Ringflechte in der Regel in den Schulen ausgebrütet und von dort in
die Familien exportiert wird. Und das ist noch nicht alles, denn es
sind die großen Familien, die uns häufiger mit den Trägern von
Ringflechte versorgen als kleine, und es sind die großen Schulen,
die am stärksten betroffen sind. Wenigstens erscheint es mir so aus
der Sicht meiner nicht sehr zahlreichen Beobachtungen.
Und
im Vergleich mit Tuberculose finden wir, dass es sich dort ähnlich
verhält, und es steht fest, dass an Orten, wo viele menschliche
Wesen in engen Räumen zusammen hausen, Anthropotoxine* erzeugt und
in die Umgebung entlassen werden und der Tubercelbazillus dort seine
Wiege und Heimat hat. Natürlich werden einige Organismen der Wirkung
des Giftes widerstehen, und zwar einfach deshalb, weil sie stark
sind, stärker als andere; die Gesundheit der Schwächeren und
Zarteren wird indes durch den Einfluss der Anthropotoxine
beeinträchtigt.
*Das
giftige Prinzip menschlicher Emanationen.
Die
Anthropotoxine werden eingeatmet, bis die Lungen dann schließlich so
stark geschädigt sind, dass die Fungi der Schwindsucht (die
Mykobakterien) dort wachsen und gedeihen können. Ich kann mir nicht
vorstellen, dass Überbevölkerung auf spezifische Weise wirkt oder
dass andere Mengen notwendig sind im Verhältnis zur eingeatmeten
Atemluft. Deshalb folgt daraus, dass ein Haushalt mit zwei Personen
an Überbevölkerung leiden kann, während dasselbe bei einem von
zwanzig Personen nicht der Fall sein muss. Es kommt auf das
Verhältnis an, und wir müssen uns immer vor Augen halten, dass es
die Summe mehrerer Faktoren ist wie beispielsweise der Mangel an
sauberer, frischer Luft, das Vorhandensein der Autotoxine (die
Ausscheidungen der Stockrosen und die Anthropotoxine der Menschen)
und letztlich die Anwesenheit der Fungi. Und schließlich, die nötige
Menge an Fungi vorausgesetzt, muss ihre Wirkung auf den befallenen
Organismus in die Betrachtung einbezogen werden. Dies ist ein weites
Forschungsfeld. Fungi ziehen gewiss die Dunkelheit dem Licht vor,
aber ob ihre Ausscheidungen schon deshalb pathogen sind, müssen
Wissenschaft, Erfahrung und Nachdenken herausfinden.
Bland
Sutton in Evolution and Disease (London 1890), in seiner
Betrachtung der Actinomycose, einer sehr interessanten Erkrankung,
erläutert seine Sicht der Dinge, dass Sarkom von fungaler Natur ist,
und was er über das Thema sagt, ist von so eminenter Bedeutung und
so äußerst interessant, dass ich an dieser Stelle seine
Zusammenfassung wiederholen werde:
Fortsetzung folgt