Pablo Neruda, aus
Viele sind wir, S. 49, Späte Lyrik, Sammlung Luchterhand
Über meine schlechte Erziehung
Welcher ist die Welche, wie ist das Wie?
Wer weiß wie man sich benehmen muß?
Wie natürlich sind die Fische!
Nie erscheinen sie zu ungelegener Zeit.
Sie sind eingeladen ins Meer
und kleiden sich korrekt,
nicht eine einzige Schuppe fehlt,
alle geschmückt vom Wasser.
Ich dagegen lege alle Tage
nicht die Füße nur auf den Teller,
auch die Ellbogen, die Nieren,
de Leier, die Seele, die Finte.
Weiß nicht, was anfangen mit den Händen,
und habe gedacht, ohne sie zu erscheinen,
doch wohin stecke ich dann den Ring?
Welch schauderhafte Ungewissheit!
Und dann kenne ich keinen.
Ich erinnere mich nicht ihrer Namen.
-Ich vermeine Sie zu kennen
-Sind sie nicht ein Schmuggler?
-Und Sie gnädige Frau, sind Sie nicht die Geliebte
des dem Trunk verfallenen Dichters, der ewig umherflaniert
ohne festes Ziel auf den Gesimsen?
-Er flog weil er Flügel hatte.
-Und Sie bleiben erdverhaftet.
-Mir hätte es zugesagt, Sie als indische Witwe
einem großen Scheiterhaufen überantwortet zu haben,
aber könnten wir sie nicht jetzt verbrennen?
Das wäre herzbewegend.
Ein anderes Mal in einer Gesandtschaft
verliebte ich mich in eine Farbige
Sie wollte sich dort nicht ausziehen,
und ich machte sie rücksichtslos herunter:
bist du verrückt, wilde Statue,
wie kannst du nur in Kleidern einhergehen?
Sie wiesen mich herzlos
aus dieser und jener Gesellschaft,
wenn ich mich irrtümlich näherte,
schlossen sie Fenster und Türen.
Ich zog sodann mit Zigeunern
und Gauklern umher,
mit Matrosen ohne Fisch,
mit Schiffern ohne Schiff,
aber alle hatten sie Lebensregeln
ein unbegreifliches Zeremoniell,
und meine jämmerliche Erziehung
trug mir arge Konsequenzen ein.
Darum weiß ich nicht, wozu mich entschließen,
ich kleide mich nicht, noch gehe ich nackt,
ich warf die Gabeln auf den Kehricht,
die Löffel, die Messer,
ich lächle nur für mich selbst,
stell keine indiskreten Fragen,
und wenn man kommt mich abzuholen,
mit allen Ehren zu den Banketten,
schicke ich meine Kleider, meine Schuhe hin,
mein Hemd mit meinem Hut,
aber nicht mal so sind sie zufrieden:
mein Anzug trug keine Krawatte.
Und so, um allen Zweifeln zu entgehen,
entschied ich mich für ein ehrenwertes Leben
aktivster Faulheit
Ich läuterte meine Absichten,
ging mit mir allein zu speisen aus,
und so blieb ich stumm.
Manchmal forderte ich mich zum Tanz auf,
allein ohne große Begeisterung
und ich geh allein ins Bett, lustlos,
um mich nicht im Zimmer zu irren.
Lebt wohl, ich komme, indem ich ankomme.
Guten Tag, ich gehe in Eile fort
Wenn Sie mich sehen wollen, wissen Sie es ja:
sollen sie mich suchen, wo ich nicht bin.
Und wenn sie genug Zeit und Mund haben,
können sie mit meinem Lichtbild sprechen.