Habe gerade zufällig Besuch von einer guten Freundin, die gerade ihr Medizinstudium absolviert. Habe sie gebeten, dazu etwas zu schreiben .
Hier ihre Antwort:
Hallo und guten Abend!
Ich verstehe gut, dass Sie sich wegen der aktuellen Blutwerte Ihrer Frau Sorgen machen. Da ich mich derzeit im Medizinstudium befinde, versuche ich, Ihnen die Situation so verständlich wie möglich zu erklären, auch wenn ich dabei etwas tiefer in die medizinischen Details gehe. Hoffe, dass es Ihnen und den Teilnehmern hier im Forum hilft.
Der Lipoprotein(a)-Wert (Lp(a)) Ihrer Frau liegt mit 105 mg/dL deutlich über dem Normalbereich. Das ist besonders besorgniserregend, weil Lp(a) nicht nur wie LDL-Cholesterin (das „schlechte“ Cholesterin) zur Plaquebildung in den Arterien beiträgt, sondern zusätzlich die Blutgerinnung beeinflusst. Dadurch erhöht sich das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle weiter, insbesondere bei gleichzeitig erhöhtem LDL-Cholesterin, das bei Ihrer Frau 175 mg/dL beträgt.
Leider ist der Lp(a)-Wert genetisch bedingt und lässt sich durch klassische Maßnahmen wie eine gesunde Ernährung und Bewegung nur schwer beeinflussen. Das erklärt, warum dieser Wert trotz eines gesunden Lebensstils Ihrer Frau so hoch sein kann.
Das Gesamtcholesterin Ihrer Frau liegt bei 274 mg/dL, was ebenfalls über den empfohlenen Werten liegt. Auch wenn das Verhältnis von LDL zu HDL-Cholesterin, das bei Ihrer Frau bei 2,2 liegt, im akzeptablen Bereich ist, darf der hohe Gesamtcholesterinwert nicht unterschätzt werden. Er kann auf eine allgemeine Fettstoffwechselstörung hinweisen, die ebenfalls das Risiko für Arteriosklerose (Verkalkung der Arterien) erhöht.
Bermibs hat recht, dass das Verhältnis von LDL zu HDL-Cholesterin ein wichtiger Indikator für das kardiovaskuläre Risiko ist. Dennoch sollte das Gesamtcholesterin nicht völlig außer Acht gelassen werden. Ein hoher Gesamtcholesterinwert kann wichtige Hinweise auf andere Lipidstörungen geben, die ebenfalls behandelt werden sollten.
Was die Wirkung von Mikronährstoffen betrifft, so können bestimmte Substanzen wie Niacin (Vitamin B3) tatsächlich den Lp(a)-Spiegel um etwa 20 bis 30 Prozent senken. Niacin reduziert die Produktion von Lp(a) in der Leber, sollte jedoch aufgrund möglicher Nebenwirkungen wie Hautrötungen (Flush) und Leberprobleme nur unter ärztlicher Aufsicht eingenommen werden. Omega-3-Fettsäuren, die dafür bekannt sind, Triglyceride zu senken und entzündungshemmend zu wirken, können das LDL/HDL-Verhältnis verbessern, allerdings ist ihre Wirkung auf den Lp(a)-Spiegel eher gering. Andere Nährstoffe wie Vitamin C, Carnitin und Coenzym Q10 könnten theoretisch ebenfalls helfen, jedoch ist die wissenschaftliche Evidenz dafür weniger stark ausgeprägt.
Ihr Hausarzt hat Atorvastatin verschrieben, ein Medikament aus der Gruppe der Statine, das als sehr effektiv gilt, um das LDL-Cholesterin zu senken. Statine blockieren ein Enzym in der Leber, das für die Cholesterinproduktion verantwortlich ist, und reduzieren so das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Nebenwirkungen wie Muskelbeschwerden oder Verdauungsprobleme sind möglich, weshalb die Therapie gut überwacht werden sollte.
Sollten Statine allein nicht ausreichen oder nicht gut vertragen werden, gibt es alternative Medikamente wie PCSK9-Inhibitoren, die das LDL-Cholesterin drastisch senken können. Diese neuen Medikamente, wie Evolocumab oder Alirocumab, haben in Studien auch gezeigt, dass sie den Lp(a)-Spiegel leicht reduzieren können. Ebenfalls eine Option wäre Ezetimib, das die Cholesterinaufnahme im Darm hemmt und oft in Kombination mit Statinen eingesetzt wird. Für Patienten, die Statine nicht vertragen oder nehmen möchten (dazu gibt es derzeit zu Recht viele heiße Diskussionen), könnte auch Bempedoinsäure in Betracht gezogen werden, ein neueres Medikament, das ebenfalls die Cholesterinsynthese in der Leber hemmt, allerdings auf einem anderen Weg als Statine.
Zusätzlich zu diesen schulmedizinischen Optionen gibt es auch einige naturheilkundliche Ansätze, die unterstützend wirken können. Roter fermentierter Reis beispielsweise enthält eine Substanz, die ähnlich wie Statine wirkt und das LDL-Cholesterin senken kann. Es ist jedoch wichtig, den Verzehr mit dem Arzt abzusprechen, da es ähnliche Nebenwirkungen wie Statine haben kann. Berberin, ein pflanzlicher Wirkstoff, der in der traditionellen chinesischen Medizin verwendet wird, hat ebenfalls das Potenzial, das LDL-Cholesterin zu senken. Darüber hinaus könnte Artischockenextrakt hilfreich sein, der die Cholesterinproduktion in der Leber hemmt und die Gallenproduktion fördert, was zur Senkung des Gesamtcholesterins beitragen kann. Regelmäßiger Verzehr von Knoblauch kann das LDL-Cholesterin senken und das HDL-Cholesterin erhöhen, während Kurkuma, dank seines Wirkstoffs Curcumin, entzündungshemmende und antioxidative Eigenschaften besitzt, die das Fortschreiten von Arteriosklerose verlangsamen können.
Diese naturheilkundlichen Ansätze sollten jedoch immer in Absprache mit einem Arzt angewendet werden, besonders wenn bereits schulmedizinische Behandlungen wie Statine im Einsatz sind. Es ist wichtig, mögliche Wechselwirkungen und die Gesamtwirkung auf den Körper zu berücksichtigen.
Zusammenfassend möchte ich sagen, dass das LDL/HDL-Verhältnis Ihrer Frau in einem akzeptablen Bereich liegt, was positiv ist. Dennoch sollten das hohe Gesamtcholesterin und der Lipoprotein(a)-Wert nicht ignoriert werden. Es ist entscheidend, dass alle Behandlungen, insbesondere die Einnahme von hohen Dosen an Vitaminen oder Niacin, nur unter ärztlicher Aufsicht erfolgen. Regelmäßige Blutkontrollen sind wichtig, um den Erfolg der Therapie zu überwachen und mögliche Nebenwirkungen frühzeitig zu erkennen.
Bitte beachten Sie jedoch, dass ich aus der Ferne keine Diagnose stellen darf und mehr über die medizinische Vorgeschichte Ihrer Frau sowie die genauen Umstände wissen müsste, um eine fundierte Einschätzung treffen zu können. Die hier genannten Informationen dienen lediglich als allgemeine Hinweise, die Sie mit Ihrem behandelnden Arzt besprechen sollten.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit diesen Informationen weiterhelfen. Alles Gute für Sie und Ihre Frau!
Herzliche Grüße,
Sabine