Auch wenn es lang ist, bin ich der Meinung, daß es unglaublich wichtig ist, dieses weiter zu leiten; man kann nicht oft genug auf derlei Unmenschlichkeit hinweisen:
Rettungsdienst wollte nicht helfen und empfiehlt meinen Vater sterben zu lassen!!
Nachdem sich der Zustand meines Vaters in der Nacht von Samstag auf Sonntag wegen einer Lungenentzündung zusehends verschlechterte, rief ich gegen 5:00 Uhr morgens den Notarzt.
Als erstes waren zwei Rettungssanitäter vor Ort. Nach einer mehr als dürftigen Untersuchung, wobei es keine Untersuchung, sondern lediglich eher eine optische Beurteilung war, kam das erste Urteil.
„Der Patient ist tief bewusstlos, seine Sauerstoffsättigung ist schlecht, er atmet flach" sagte er "fachmännisch".
Das wusste ich bereits, schließlich habe ich den Notruf getätigt.
Er schaute sich um, sah diverse Medikamente, ein Absauggerät und eine Ernährungspumpe und runzelte bereits die Stirn.
Danach leuchtete er meinem Vater kurz in die Augen und gab sein finales Urteil ab.
„Wenn es mein Vater wäre, sag ich ihnen ganz ehrlich, würde ich ihn jetzt sterben lassen."
Fassungslos erwiderte ich, dass es zum Glück nicht sein Vater sei und es schon seinen Grund hat wieso ich den Notarzt gerufen hatte.
Er entschuldigte sich flapsig bei mir, ja nur seine Meinung gesagt zu haben, jedoch bekräftigte er diese mehrfach während er einen Infusionszugang legte und den Sauerstoff anschloss.
Ein ständiges seufzen und unverständliches Stammeln, er war sichtlich genervt.
Innerlich wütend und unsagbar traurig war ich wie in einer Blase. Sprachlos. Mir fehlten jegliche Worte um adäquat zu antworten.
Auf mehrfaches, energisches Nachfragen wurde der eigentliche Notarzt dann endlich hinzu gerufen.
Einer der beiden Notärzte (ob der andere nur ein Fahrer war, weiss ich nicht. Beide trugen die selbe Ausrüstung und sind gleich aufgetreten) wurde dann von dem besagten Rettungssanitäter (oder eher Asisstenten) mit den Worten „ich habe es ihm schon erklärt, doch er will nicht" empfangen.
Was wollte ich nicht? Meinen Vater grundlos sterben lassen??
Direkt und wieder ohne meinen Vater überhaupt irgendwie zu untersuchen wollte er mich sprechen.
Ich konnte nicht fassen was um mich herum passierte.
Der Notarzt sagte mir, er könne mir nicht garantieren meinen Vater lebend ins Krankenhaus zu transportieren.
Dann erklärte er mir, dass alle Intensivbetten im Umkreis belegt wären und er sowieso nicht wüsste, wo man ihn unterbringen kann.
Ich bot meine telefonische Hilfe an, um alle Möglichkeiten durch zu gehen.
Dankend wurde abgelehnt, man würde sich selber darum kümmern.
Wollte man vielleicht nicht, daß ich sie beim Lügen ertappe?
Bestätigt wurde dies, als der Notarzt das Haus verlassen hat um zu telefonieren.
Ich öffnete die Terassentür um zu hören, wie sehr er sich bemühte, meinen Vater zu versorgen zu lasse und zu versorgen.
Er riss mir die Tür regelrecht aus der Hand und sagte energisch, er wolle privat sprechen.
Privat?? Ich erwiderte, dass es er hier nicht privat ist und es mein Vater sei über den er spricht. Achtungslos schloss er die Tür.
Eine Mitarbeiterin unseres Pflegeteams war zum Glück eine Unterstützung für mich und Zeugin des Geschehens.
Während der Arzt telefonierte sagte ich zu ihr, dass ich glaube, dass die Ärzte meinen Vater jetzt sterben lassen wollen und kein Interesse daran haben ihn medizinisch zu versorgen.
Nicht weil er diese Welt eines Tages verlassen und sterben wird, sondern weil man seiner Pflicht nicht nachkommen will und Hilfe unterlässt.
Alles wurde im Beisein meines Vaters besprochen, ohne jeden Respekt.
Ohne Anstand oder Manieren.
In einer Art Gnade hat der Notarzt dann verkündet, dass mein Vater nach Leonberg ins KH gebracht werden würde.
Ich konnte den Widerwillen regelrecht spüren aber war selbstverständlich dankbar und fixiert darauf meinem Vater zu helfen.
Wir lagerten ihn alle zusammen um und ich fuhr voraus, um bereits in der Notaufnahme zu sein wenn meine Vater ankommt
Der Weg zum Krankenhaus dauert etwa 15 Minuten. Für mich waren es gefühlte Stunden der Unsicherheit ob ich meinen Vater nochmal lebend sehen werde und ob das eventuelle Nachhelfen der Ärzte dies verhindern würde.
Mein Vater liegt seit 5 Tagen auf der Intensivstation und wird vermutlich morgen entlassen weil er zu Hause gut versorgt ist.
Ich bin sicher, dass man kein Interesse daran hatte meinen Vater zu retten und die kleinste Unsicherheit von mir gegenüber den Ärzten und "Rettungsassistenten" zum Tod meines Vaters hätte führen können.
Welche Beweggründe das Notarztteam hatte, weiss ich nicht.
Sind alte und/oder Menschen in unserer Gesellschaft nicht mehr erwünscht?
Ich kann meine Wut, mein Entsetzen und auch meine Trauer über diesen Morgen kaum treffend in Worte fassen.
Erbärmlich in was für einem kranken, korrupten System wir leben.
Wie soll man denn bitte Vertrauen fassen, dass so vieles nur zu unserem Schutz passiert?!
Bitte passt auf, was man euch erzählt!
Informiert euch, holt euch Zweit- und Drittmeinungen ein.
Hört auf euer Herz und lasst euch nicht beeinflussen.
Meine Eltern haben mir den Weg geebnet.
Sie haben mich großgezogen, sich teilweise aufgeopfert und mir Liebe gegeben.
Wir sind es ihnen schuldig sie mit Respekt und Dankbarkeit zu behandeln, meint ihr nicht?
Ergänzend möchte ich ein paar Dinge zur Aufklärung sagen.
Ich habe meine Mutter gepflegt und sie vor über 10 Jahren beim Sterben begleitet.
In Würde, ohne lebensverlängernden Zwang in irgendeiner Form.
Für meinen Vater würde ich ohne zu zögern jederzeit die selbe Entscheidung treffen.
Ein Professor, zwei Ärzte, ein Notar und vor allem, meine gesamte Familie haben mich zum Vormund meiner Eltern benannt.
Weil alle davon überzeugt sind, dass ich das Beste für meine Mutter und meinen Vater will.
Wir haben eine 24 Stunden Intensiv-Pflege für meinen Vater, das heißt, es sind 14 Zeugen die bestätigen können, wie lebensfroh und kommunikativ mein Vater ist.
Eigentlich seit seinem Krankheitsverlauf mehr als vorher.
Er nimmt mehr am Leben teil als all die Jahre zuvor, in denen er zurückgezogen gelebt hat.
Mein Vater ist froh, am Leben zu sein und, dass zum Beispiel sein Tracheostoma (Luftröhrenschnitt) ihn richtig atmen lässt. Seine erbliche Muskeldystrophie (Degeneration) im Hals lässt ihn leider weder über den Mund essen, noch atmen.
Er hatte den freien Willen, diese Operation zu bekommen. Keine Demenz, kein Druck, kein Überreden. Die bloße Tatsache gefragt zu werden ob man leben oder sterben möchte.
Es gibt auch Menschen, denen es noch schlimmer geht, die dennoch den Willen haben zu leben.
Ich verstehe, die ärztliche Momentaufnahme des Zustandes meines Vaters in der besagten Situation. Doch spätestens wenn ich mitteile, dass mein Vater Lebenswillen besitzt, dass er 5 Mal in der Woche Ergo-, Physio- oder Sprachtherapie bekommt und darauf hinweise, dass in der Zimmerecke ein Ergo-Fahrrad-Trainingsgerät steht, welches von meinem Vater benutzt wird, sollte man seiner Arbeit nachgehen.
Mein Vater hatte eine Lungenentzündung, er lag nicht im Sterben.
Das wurde im Krankenhaus ganz klar diagnostiziert.
Alles erdenklich Liebe,
Chris Lion Paw