Frakturen – Knochenbrüche: Formen, Grade und Therapien
Das menschliche Skelett besteht aus mehr als 200 Knochen, die durch ihren Aufbau (außen Kortikalis, innen Spongiosa = schwammartige Knochenstruktur) eine große Stabilität aufweisen. Um einen Knochen zu zerstören bedarf es entweder enormer Kräfte oder aber die Knochenstruktur ist durch eine Erkrankung in Mitleidenschaft gezogen.
Die Fraktur (Bruch) beschreibt die unphysiologische (abnorme) Form eines Knochens, hervorgerufen durch unterschiedliche Ursachen. Der Bruch ist häufig durch ein berstendes Geräusch wahrnehmbar. Da die umgebende Muskulatur sowie Gefäße und Nerven ebenfalls beschädigt werden, tritt meist ein heftiger Schmerz ein.
Es kommt zu Schwellung, Rötung, Erwärmung, häufig bildet sich auch ein Hämatom (durch Einblutung). Bestimmte Bewegungen lassen sich nicht mehr oder nur unter starken Schmerzen ausführen. Häufig ist die Fehlstellung sichtbar, was beim Betroffenen (in Kombination mit dem berstenden Geräusch und dem Schmerz) zu einem Kreislaufabfall (mit Schweißausbruch, weißer Gesichtsfarbe (Blässe), Schwindelanfall bis hin zur kurzen Bewusstlosigkeit) führen kann.
Frakturen werden nach der AO-Klassifikation in Frakturtypen (A, B, C) mit dazugehörigen Gruppen (1, 2, 3) unterteilt. Generell unterscheidet man einfache Frakturen (weisen einen Bruchspalt auf) von Mehrfragmentfrakturen (bis zu drei Knochenanteile = Stückfraktur, mehr als drei = Trümmerfraktur). Daneben wird unter anderem der Frakturort (im Schaft, gelenknah oder das Gelenk betreffend) beurteilt.
Einige Knochen des Skeletts werden besonders stark beansprucht, liegen relativ ungeschützt oder weisen an bestimmten Stellen eine Verjüngung (= dünnerer Knochen) auf, weshalb sie eher zu Frakturen neigen. Hierzu zählen unter anderem das Schlüsselbein (Clavicula, z.B. durch Sturz auf den Arm), Fingerendglieder (bei Ballsportarten), Handwurzelknochen (häufig Kahnbeinfraktur, z.B. bei Sturz auf die Hand), der Oberarm (Humerus, durch Schlag, Stoß, Unfall), der Unterarm (Ulna und Radius, z.B. bei Sturz nach vorn), der Unterschenkel (Tibia und Fibula, z.B. bei Tritt gegen das Bein), der Oberschenkel (Femur, häufig durch Sturz auf die Seite), der Oberschenkelhals (ebenfalls durch Sturz, häufiger Bruch bei alten Menschen) und etwas seltener auch die Kniescheibe (Patella, z.B. durch Sturz auf diese oder seitliches Trauma).
Eine Fraktur entsteht immer dann, wenn der Knochen einem auf ihn einwirkenden Druck nicht mehr standhalten kann.
Die einfachste Form ist die Querfraktur, bei der der Knochen durch Druck von außen quer verlaufend bricht. Meist sind Arme oder Beine betroffen (z.B. durch Sturz oder Schlag auf den Knochen). Daneben kann der Knochen durch die gleichen Ereignisse auch schräg brechen (= Schrägfraktur). Hier gestaltet sich die Therapie schwieriger, die Knochenenden müssen möglichst passend wieder aneinandergefügt werden.
Die Abrissfraktur beschreibt den knöchernen Ausriss durch eine plötzliche Spannungssteigerung einer Sehne oder eines Bandes an deren Ansatzstellen. Diese Form zeigt sich unter anderem vermehrt bei Ballsportarten (z.B. Fußball) und betrifft häufig das Sprunggelenk (z.B. Weber-B-Fraktur am Außenknöchel).
Eine Abscher- oder Meißelfraktur beschreibt die Stauchung eines Gelenkes durch Krafteinwirkung von außen, wodurch es zu einer Art Absplitterung bzw. Verschiebung eines Knochenfragmentes kommt (z.B. Schienbeinkopffraktur).
Die Berstungsfraktur beschreibt den Bruch des Schädelknochens, z.B. durch Schlag mit einem Gegenstand auf den Hinterkopf.
Bei vielen Sportlern kommt es im Laufe der Zeit auch zu Ermüdungsfrakturen. Diese entstehen durch die sich immer wiederholende, gleiche Belastung bestimmter Knochen.
Kompressionsfrakturen führen zu einem Einstauchen des betroffenen Knochens, wodurch die Längsachse verkürzt wird (auch Dachdeckerfraktur genannt = Sturz vom Dach mit Bruch der Fersenbeine durch Aufkommen zuerst mit den Füßen).
Die Spiralfraktur (Torsionsfraktur) zählt zu den komplizierteren Brüchen. Ursache ist ein indirekt wirkender Druck, meist auf einen langen Röhrenknochen (z.B. Verdrehen eines Beines beim Skifahren).
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Da der kindliche Knochen noch nicht vollständig ausgebildet ist, zeigt sich bei Unfällen hier häufig das Bild einer inkompletten Fraktur. Die Knochenhaut bleibt intakt während der Knochen selbst gebrochen ist. Diese Bruchform wird als Grünholzfraktur bezeichnet, vergleichbar mit dem Abknicken eines frischen Zweiges.
Nicht immer sind Unfälle oder Gewalteinwirkungen von außen verantwortlich für den Bruch eines Knochens. Dieser kann bereits durch eine Erkrankung vorgeschädigt sein und ohne adäquates Trauma brechen, was nicht unbedingt bemerkt werden muss. Ursachen sind unter anderem Osteoporose, Tumoren oder auch die Glasknochenkrankheit.
Komplikationen drohen immer dann, wenn der gebrochene Knochen die Hautoberfläche durchstößt (= offene Fraktur).
Dies stellt grundsätzlich eine Indikation zur OP dar, um weiterführende Erkrankungen durch eindringende Keime zu verhindern und Blutungen zu stoppen. Bei Grad I ist die Haut leicht geschädigt, bei Grad II zeigt sich bereits eine größere Wunde mit starker Kontamination. Ab Grad III lassen sich auch Nerven- und Gefäßverletzungen feststellen, die unter Umständen zu einem hohen Blutverlust sowie Lähmungen oder Taubheitsgefühl führen können, Haut und umgebende Weichteile sind stark in Mitleidenschaft gezogen. Bei einer Grad IV-Fraktur spricht man auch von einer subtotalen Amputation. Hier sind Haut, Weichteile, Nerven und Gefäße stark geschädigt, es droht der Verlust der betroffenen Region.
Diagnose
Meist reichen Anamnese, Inspektion, Palpation und Röntgenaufnahme zur gesicherten Diagnose aus. Bei weitreichenden Brüchen oder Traumen (z.B. Bruch des Beckens) werden auch CT und MRT genutzt. Sie dienen der Befundung des umliegenden Gewebes und können Hinweise auf Blutungsquellen geben.
Therapie
Die Therapie einer Fraktur setzt sich aus drei ineinander greifenden Schritten zusammen. Zuerst erfolgt die Reposition, bei der der Knochen wieder seine anatomische Ursprungsform erhält. Je nach Lage und Form der Fraktur kann dies geschlossen (zum Teil unter Narkose mit gleichzeitiger Gabe von Muskelrelaxantien) erfolgen oder muss operativ durchgeführt werden.
Die anschließende Retention beschreibt die Fixierung des reponierten Knochens durch geeignete Hilfsmittel wie Gips, Bandage, Verband oder orthopädische Weste. Die Rehabilitation sollte so früh wie möglich angestrebt werden, um eine Muskelatrophie oder Versteifung bei Gelenkbeteiligung zu verhindern. Hier dienen unterschiedliche physikalische und krankengymnastische Methoden der Wiederherstellung.
Kann eine Fraktur nicht geschlossen reponiert werden oder liegt eine offene Fraktur vor, wird der Bruch operativ versorgt. Hier stehen unterschiedliche Möglichkeiten zur Verfügung, um die Bruchenden wieder zusammenzufügen (z.B. intramedulläre Schienung mittels Nagel, Plattenosteosynthese, externer oder interner Fixateur, Cerclagen, Spickdrähte).
Anschließend folgen auch hier Retention und Rehabilitation. Der Heilungsprozess richtet sich nach dem Alter des Betroffenen und nach der Schwere der Fraktur und kann sich über Monate hinziehen.
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Beitragsbild: pixabay.com – spinheike