Morbus Bechterew: Ursachen, Verlauf, Diagnose Therapie
Morbus Bechterew (auch Spondylitis ankylosans genannt) ist eine entzündlich-rheumatische Erkrankung mit chronischem Verlauf, die zu einer fortschreitenden Versteifung der Wirbel- und Iliosakralgelenke führt. Typisch für Menschen mit Bechterew ist die zunehmende Krümmung der Wirbelsäule, wodurch das aufrechte Gehen und Stehen nicht mehr oder nur schwer möglich ist.
In europäischen Ländern lässt sich Morbus Bechterew bei ca. einem Prozent der Bevölkerung diagnostizieren, in Deutschland liegt die Rate leicht höher. Die zum Ende des 19. Jahrhunderts erstmals beschriebene Erkrankung zeigte sich in den Anfangsjahren vermehrt bei Männern.
Im Laufe der Entwicklung sind diese geschlechtsspezifischen Unterschiede jedoch verschwunden, Männer und Frauen erkranken gleichermaßen, wobei das Haupterkrankungsalter zwischen dem 15. und 35. Lebensjahr liegt.
Die genauen Ursachen sind bis heute nicht vollständig ergründet. Der Organismus reagiert mit einer gestörten Immunantwort, die sehr wahrscheinlich durch genetische Anlagen sowie Umwelteinflüsse verursacht wird.
Eine familiäre Prädisposition ist gesichert, das Risiko einer Erkrankung bei Verwandten ersten Grades liegt bei 20 Prozent. Daneben lässt sich bei über 95 Prozent der Betroffenen der genetische Faktor HLA-B27 nachweisen (der mit ca. acht Prozent auch bei gesunden Menschen gefunden wird).
Insgesamt kommt es im Körper zu Abwehrreaktionen, die besonders im Bereich der Wirbelgelenke Entzündungsprozesse fördern. Hierdurch verknöchert langsam das normalerweise elastische und weiche Gewebe um die Gelenke herum, führt zu einer Versteifung und somit Zerstörung der physiologischen Anatomie.
Das klinische Bild bei Morbus Bechterew ist deutlich. Es variiert mit den einzelnen Stadien (Schüben) des Verlaufs. Zu Beginn klagen Betroffene häufig über tiefe Rückenschmerzen, die besonders beim morgendlichen Aufstehen auftreten und in Gesäß und Oberschenkel ausstrahlen können. Der Schmerz verbleibt über einen längeren Zeitraum (länger als drei Monate = chronisch).
Beim Gehen und während Bewegungen tritt eine Besserung ein, Hustenreiz oder Niesen löst den Schmerz erneut aus. Im (schubförmigen) Verlauf kommt es, neben Phasen der Beschwerdefreiheit, zu einer zunehmenden Bewegungseinschränkung. Zusätzlich zur Versteifung verkrümmt sich die Wirbelsäule immer mehr (meist nach vorn), wodurch Betroffene kaum mehr den Kopf heben und geradeaus blicken können.
Die Veränderungen im Wirbelsäulen- und Iliosakralbereich wirken sich auch auf andere Bereiche aus. Die Artikulation großer Gelenke (z.B. Oberarm oder Oberschenkel) ist zunehmend schmerzhaft. Häufig (bis zu 50 Prozent) ist die Erkrankung mit einer Augenentzündung (Iridozyklitis) einhergehend, die zu Schmerzen, Rötungen, Tränenbildung und letztendlich zu einer Lichtempfindlichkeit mit zunehmendem Verlust der Sehschärfe führt – Augenkrankheiten. Durch die Krümmung der Wirbelsäule werden auch innere Organe in Mitleidenschaft gezogen.
Zum Teil treten Magen-Darm-Probleme oder Entzündungen im Urogenitaltrakt auf. In seltenen Fällen ist die Lunge gestaucht, wodurch der Atemprozess erschwert wird.
Bei ca. 25 Prozent der Erkrankungsfälle zeigen sich auch Entzündungen an peripheren Gelenken (Arthritis), hier sind vornehmlich die Knie und Sprunggelenke betroffen. Daneben sind Schleimbeutel und Sehnenansätze entzündlich verändert. Entzündungen von Gefäßen oder dem Herzen führen zu einer Insuffizienz oder Rhythmusstörungen.
Bedingt durch das auffällige Erscheinungsbild des Erkrankten reichen meist Anamnese und Inspektion für erste Vermutungen aus. Spezielle Testverfahren dienen der Untersuchung der Wirbelsäule und überprüfen die Beweglichkeit. Zusätzlich können MRT und CT genutzt werden, ein klassisches Röntgenbild zeigt nur die veränderte Anatomie sowie gebildete Sklerosierungen.
Das Blutbild weist Entzündungsparameter und in den meisten Fällen den Genfaktor HLA-B27 auf (da dieser jedoch auch bei Gesunden vorhanden ist, gilt er nicht als gesichertes Kriterium).
Je frühzeitiger die richtige Diagnose gestellt wird, desto bessere Erfolge können durch geeignete Therapien erzielt werden. Bedingt durch die noch nicht abgeschlossene Entschlüsselung der Entstehungsprozesse erfolgt diese in der Schulmedizin nur symptomatisch.
Mittel der Wahl ist eine regelmäßige Krankengymnastik, wodurch sowohl Schmerzen gemildert als auch der Versteifungsprozess aufgehalten werden sollen. Unterstützend werden Wärmebehandlungen oder auch die Kryotherapie eingesetzt.
Durch die Gabe nicht-steroidaler Antirheumatika (NSAR) werden ebenfalls Schmerzen gelindert und Entzündungen gehemmt. Daneben dienen spezielle Basismedikamente (z.B. Methotrexat), Kortison und TNF-alpha-Blocker (TNF = Tumor-Nekrose-Faktor) der schulmedizinischen Therapie. In seltenen Fällen wird das radioaktive Isotop Radium-224 in die entzündeten Regionen injiziert (entzündungshemmend, schmerzlindernd).
Ist der Prozess bereits weit fortgeschritten und drohen lebenseinschränkende Folgen, kann die Wirbelsäule durch eine interne Fixation zum Teil begradigt werden.
Morbus Bechterew ist nicht heilbar. Die unterschiedlichen Therapieansätze führen jedoch in den meisten Fällen, trotz einer verminderten Beweglichkeit, auch nach Jahrzehnten nicht zu einer Hilfsbedürftigkeit. Gut 90 Prozent aller Erkrankten sind auch nach über 40 Jahren noch aktiv am Leben beteiligt und können meist ihren Beruf bis zur Pensionierung ausüben.
Nur in seltenen Fällen kommt es zu Einschränkungen, z.B. bei Entzündung und Zerstörung von Hüftgelenk oder Schultergelenk, wodurch unter Umständen die Implantation einer Prothese notwendig wird.
Zum weiterlesen: Autogenes Training bei Rheuma.
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Beitragsbild: pixabay.com – gkhaus
Dieser Beitrag wurde letztmalig am 19.07.2012 aktualisiert.