Polyneuropathie: Ursachen, Verlauf, Diagnose Therapie
Bevor ich zu den Therapieoptionen komme, vorab einige allgemeine (auch eher “schulmedizinisch” bekannte Dinge):
Als Polyneuropathie bezeichnet man eine Erkrankung des peripheren (von peripher = am Rande) Nervensystems.
Zu diesem Nervensystem, kurz PNS genannt, sind all die Nerven zugehörig, die sich außerhalb des zentralen Nervensystems (ZNS), befinden. Dazu gehören alle Nerven von den Nervenwurzeln, die an der Wirbelsäule austreten, bis hin zu den feinsten Nervensträngen in Muskeln und Haut.
Auch die motorischen Nerven, die für die Steuerung der Muskeltätigkeit zuständig sind und die sensorischen Nerven, die dem Gehirn Empfindungsinformationen zuleiten (zum Beispiel Schmerzfasern der Haut), gehören zum PNS. Bei gesunden Menschen entstehen Schmerzen meist durch Reize, die von außen auf den Körper einwirken, wie Verletzungen oder Verbrennungen und Entzündungen.
Leidet ein Patient unter einer Neuropathie (“Nervenkrankheit”) sind einzelne Nervenfasern geschädigt oder zerstört. Bei einer Polyneuropathie ist eine Vielzahl von Nerven betroffen.
Bei einer Polyneuropathie ist die Weiterleitung von Reizen gestört. Besonders an Armen und Beinen sind Symptome einer Polyneuropathie zu spüren, weil die Nervenstränge hier außergewöhnlich lang sind. Sinnesreize werden gar nicht, vermindert oder verstärkt an das Gehirn weitergeleitet.
Zunächst spürt der Patient meist ein Kribbeln und/oder Brennen. In der Folge werden Berührungen oder Schmerzen nicht mehr erkannt oder gar nicht mehr wahrgenommen. Diese falschen Empfindungen kommen als Kälte- oder Wärme- oder als Schmerzempfindung bei eigentlich nicht schmerzhaften Reizen vor.
Die Polyneuropathie ist meist ein Zeichen anderer Probleme, und stellt so eigentlich keine eigenständige Erkrankung dar.
Ursachen & Risikofaktoren
Die häufigsten Ursachen einer Polyneuropathie sind ein fortgeschrittener Diabetes (diabetische Polyneuropathie) und/oder der chronische Alkoholmissbrauch (alkoholische Polyneuropathie).
In der Medizin sind jedoch mehr als 200 verschiedene Ursachen für eine Polyneuropathie bekannt, denn neben dem Diabetes und dem Alkoholmissbrauch können auchverschiedene Infektionen oder Stoffwechselerkrankungen, Mangelerscheinungen in der Ernährung (z.B. Vitaminmangel), Medikamente und Gifte oder verschiedene Erbkrankheiten die eine Polyneuropathie auslösen können.
Bei ungefähr 20 % der Patienten bleiben die Ursachen der Erkrankung allerdings ungeklärt.
Im Folgenden soll auf die häufigsten Auslöser der Polyneuropathie eingegangen werden.
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Die diabetische Polyneuropathie
Die wahrscheinlichste Ursache einer diabetischen Polyneuropathie sind krankhafte Veränderungen kleinster Gefäße (Mikroangiopathie). Durch diese Veränderung wird der Nerv nicht mehr ausreichend versorgt und stirbt langsam ab. Aber auch der durch die Erkrankung bedingte erhöhte Blutzucker oder ein gestörter Fettstoffwechsel können unmittelbare Auslöser der Schädigung von Nerven sein.
Durch den erhöhten Blutzucker verkleben die Blutgefäße regelrecht, so dass es zu Durchblutungsstörungen der Nervenfasern kommt. Dies wiederum bedingt eine Sauerstoffunterversorgung des Nervs – er erstickt sozusagen und stirbt ab.
Nach der Einschätzung von Fachärzten ist davon auszugehen, dass ein Drittel der Diabetiker im Laufe ihres Lebens an der diabetischen Polyneuropathie erkranken wird. Je länger der Diabetes mellitus besteht, um so größer die Gefahr, auch an dem Nervenleiden zu erkranken.
Die alkoholische Polyneuropathie
Durch einen chronischen Alkoholmissbrauch kann es auch zu einer Polyneuropathie kommen. Ursache ist hier eine Schädigung des Rückenmarks und eine dadurch verursachte Störung der Reizweiterleitung innerhalb der Nerven. Aber auch eine durch Alkohol bedingte Mangelernährung (zumeist mit Vitaminmangel), führt oft zu einer Schädigung peripherer Nerven.
Weitere Ursachen für eine Polyneuropathie
Eine Polyneuropathie kann auch durch einen ernährungsbedingten Vitamin B12 – Mangel entstehen; beispielsweise durch einen gänzlichen Verzicht auf Fleisch- und Milchprodukte, sowie Eier, wie das bei veganern zum Beispiel der Fall sein kann.
Während ein Vitamin-Mangel bei normaler Ernährung und gut funktionierendem Darm praktisch nicht vorkommen kann, sind Menschen mit gastrointestinalen Störungen anfällig für die unzureichende Vitalstoff-Versorgung. Hier spielen zunehmend die chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen eine wichtige Rolle. Zwar kann der Körper die verringerte Aufnahme durch Reserven eine gewisse Zeit kompensieren, doch irgendwann beginnt der Mangel auch den Darm zusätzlich zu beeinträchtigen. Dadurch reduziert sich die Resorptions-Fähigkeit nochmals und der Verlauf der Polyneuropathie wird beschleunigt.
Störungen in der Vitaminaufnahmefähigkeit des Körpers treten aber beispielsweise auch nach einer Operation am Magen, bei Lebererkrankungen und/oder Nierenerkrankungen und eine Schilddrüsenunterfunktion auf. Auch die Aufnahme von Giften und die Einnahme bestimmter Medikamente, sowie bakterielle Infektionen oder Viren können Ursache einer Polyneuropathie sein.
Eine Polyneuropathie kann auch das erste Symptom einer Krebserkrankung sein.
Vitamin B12 kann im Darm nur dann aufgenommen werden, wenn er durch ein im Magen gebildetes Glyko-Protein gebunden wird. Dieser „Intrinsic Factor“ wird bei einigen Autoimmun-Krankheiten nur in unzureichender Menge produziert. Diesen Sachverhalt sollte der Arzt bei Polyneuropathie abklären.
Und was ich aus heutiger Sicht auch abklären lassen würde: Darmpolypen! Mir wurden Fälle berichtet, dass nach der Entfernung von Darmpolypen auch die Polyneuropathie verschwunden ist.
Symptome
Einige Patienten haben nur Störungen des Gefühls, andere Gefühlsstörungen und Kraftstörungen, oft treten auch Schmerzen auf.
Charakteristisch für eine Polyneuropathie ist das Auftreten der Beschwerden zunächst an Zehen und Füßen, dann an Fingern, Händen und Knöcheln bzw. Unterschenkeln.
Mit fortschreitender Erkrankung können Nervenzellen absterben. Eine Polyneuropathie entwickelt sich in den meisten Fällen sehr langsam.
Zu den Symptomen, die auf eine Polyneuropathie hinweisen, gehören:
- “Ameisenlaufen” (Parästhesien)
- eine Muskelschwäche an Händen und Füßen
- Verdauungsstörungen (Verstopfung bzw. Durchfall)
- Benommenheit und/oder Ohnmachtsanfälle nach dem Aufstehen
- Schwierigkeiten beim Wasserlassen und Impotenz
- Gewichtsverlust und Depression
- Sensibilitätsstörungen
Diagnostik
Um eine Polyneuropathie zu erkennen, ist zunächst eine ausführliche Anamnese notwendig. Darauf folgt eine gründliche neurologische Untersuchung, bei der der Arzt die Empfindlichkeit der Haut auf Temperatur, Berührung und Schwingungen (Vibrationen) testet.
Um die Nervenfunktion und die Berührungsempfindlichkeit zu prüfen, drückt der Neurologe einen Nylonfaden an Fuß oder Hand, bis dieser sich biegt. Wenn der Patient den Faden kaum oder gar nicht spürt, ist die Berührungsempfindlichkeit verloren gegangen oder zumindest geschwächt.
Um die Vibrationsempfindlichkeit der Nerven zu testen, wird eine angeschlagene Stimmgabel an den Fuß- oder Handknöchel gehalten. Ergänzend werden meist auch die Muskeleigenreflexe und deren Reaktionsfähigkeiten untersucht.
Mit Hilfe der Elektromyografie (EMG) kann die Aktivität der Muskeln, mit einem Elektrokardiogramm (EKG) die Herzstromkurve bestimmt werden.
Laboranalysen in Form besonderer Blutuntersuchungen, werden nur in Einzelfällen zur Differenzialdiagnostik, also zum Abklären unklarer Ursache und/oder zur Abgrenzung weiterer Krankheitsbilder sowie zur Verlaufskontrolle genutzt.
Auch können Entzündungsparameter bestimmt werden, die auf Erkrankungen wie Borreliose, HIV, Masern oder Diphtherie hinweisen.
Therapie
Hier muss wieder zwischen der diabetischen Polyneuropathie und einer Polyneuropathie, die sich auf andere Ursachen zurückführen lässt, unterschieden werden.
Bei der diabetischen Polyneuropathie ist die Behandlung des Diabetes mellitus zunächst vordergründig vorzunehmen. Ist der Blutzucker (Blutzuckerwerte) gut eingestellt, ist es sehr unwahrscheinlich, dass sich Nervenschäden neu entwickeln oder bestehende Nervenschäden verschlechtern.
Die Polyneuropathie selbst sollte behandelt werden, um Beschwerden zu lindern und weitere Folgen auszuschließen. Da gerade bei der diabetischen Polyneuropathie das Schmerzempfinden nur noch wenig oder gar nicht vorhanden ist, sollten Patienten hier besonders Füße und Hände nach Blasen, Rötungen und Schwielen untersuchen. Eine ausgiebige und sorgfältige Fuß- und Handhygiene ist dringend angezeigt.
Um Schmerzen zu lindern stehen verschiedene Optionen zur Verfügung, von denen ich die klassischen Schmerzmittel allenfalls für eine Übergangslösung halte.
Anwendungen im Rahmen einer physikalischen Therapie (Krankengymnastik usw.) können auch zur Schmerzlinderung eingesetzt werden. Diese kann die Schmerzbekämpfung unterstützen, vor allem bei sensiblen und motorischen Störungen einer Polyneuropathie.
Dabei sind z.B. Krankengymnastik, Wechsel- und Bewegungsbäder, Elektrobehandlung, warme und kalte Wickel die Mittel der Wahl.
Bei Polyneuropathien anderer Ursache sollte die Therapie auf diese ausgerichtet sein.
Liegt beispielsweise der Erkrankung ein bakterieller Infekt zugrunde, werden in der Schulmedizin meistens Antibiotika verordnet. Bei einer alkoholischen Polyneuropathie ist eine vollständige Alkoholabstinenz dringend indiziert.
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Entgiftung und Toxische Belastungen
Bei den meisten “Poly-Varianten” sehe ich fast immer eine “versteckte” (maskierte) toxische Belastung. Oftmals findet man bei den Patienten Zahnherde (tote Zähne). Sehen Sie dazu meine Beiträge:
- www.yamedo.de/blog/zahnwurzelbehandlung-2013/
- und
- www.yamedo.de/krankheiten/zahnkrankheiten/wurzelbehandelte-zaehne.html
Dieses Thema sollte also unbedingt geprüft und gelöst werden…
Naturheilkunde, Vitalstoffe, Vitamine
Eine optimale Vitalstoff-Versorgung ist bei Polyneuropathie besonders wichtig. So wird die Ursache beseitigt, wenn Mangel-Symptome zugrunde liegen, aber auch bei anderen Formen der Erkrankung kann eine Supplementierung eine gute Unterstützung darstellen. In meinem Beitrag:
https://www.vitalstoffmedizin.com/vitamine-polyneuropathie/ gehe ich darauf auch ausführlicher ein.
Vitamin B12 ist für die Nerven der wichtigste Vitalstoff, der fast ausschließlich in Lebensmitteln tierische Herkunft vorkommt. Das Vitamin kann im Körper in größeren Mengen gespeichert werden, sodass bei Mangelernährung (Vegetarier, Veganer) oder Malabsorption oft erst nach Jahren entsprechende Symptome auftreten. Gefährdet sind auch Menschen in höherem Lebensalter.
Wahrscheinlich spielen hier auch Nebenwirkungen von Medikamenten eine entscheidende Rolle. Bekannt ist beispielsweise, dass Protonenpumpen-Hemmer (Magensäure-Blocker) zur Malabsorption von Vitamin B12 führen. Ein Präparate-Wechsel, am besten aber ein Absetzen der Medikation, ist unter diesen Bedingungen sinnvoll.
Eine Supplementierung mit Vitamin B12 sollte mit Bedacht erfolgen. Der Vitalstoff kommt in vielen Variation vor, die nicht alle zur aktiven Form gehören. Empfohlen werden daher beispielsweise Adenosylcobalamin, Methylcobalamin und Hydroxocobalamin. Schon über die Mundschleimhaut werden die Wirkstoffe aufgenommen, deswegen können Menschen mit Darmerkrankungen die Tabletten länger im Mund behalten, um die Absorption zu optimieren.
Auch der Mangel an Vitamin B1 (Thiamin) kann eine Polyneuropathie verursachen. Symptome können schon nach 2 Wochen auftreten, weil die Speicherkapazität des Körpers begrenzt ist. Meistens reicht eine Ernährungsumstellung auf thiaminreiche Lebensmittel wie Schweinefleisch, Vollkorngetreide, Hülsenfrüchte und grünes Gemüse aus. Eine Supplementierung soll nur unter ärztlicher Aufsicht erfolgen.
Vitamin B6 (Pyridoxin) ist für die Gesunderhaltung der Nerven ebenfalls erforderlich. Wenn eine Polyneuropathie vorliegt, kann eine optimale Versorgung hilfreich sein, besonders wenn ein Mangel die Erkrankung ausgelöst hat. Pyridoxin darf aber auf keinen Fall überdosiert werden, da sonst einige Nebenwirkungen drohen. Dazu zählen auch Nervenschäden (Neuritis) sowie entzündliche Hauterkrankungen und eine Überempfindlichkeit gegen Licht. Diese Störungen treten aber erst ab einer Dosierung von 1.000 mg pro Tag auf. Die Supplementierung darf höchstens 200 mg täglich betragen.
Auch Vitamin E ist ein Schutz-Faktor für die Nerven. Besonders Menschen mit Morbus Chron sind anfällig für den Mangel an dem Vitalstoff. Die entzündlich Darmerkrankung ist mit verminderter Fett-Resorption verbunden, die auch zur Malabsorption des fettlöslichen Vitalstoffes führt. In diesem Fall ist eine Ergänzung ratsam. Und damit wären wir auch wieder beim Fokus Darm! Denn wenn dort Probleme vor liegen, sollten diese aus meiner Sicht (auch) zuerst behandelt werden.
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Beitragsbild: pixabay.com – geralt