Ptosis: Das hängende Augenlid
Augenlider sind aus mehreren Gewebeschichten aufgebaut. Neben der Lidhaut finden sich verschiedene Muskeln zum Heben und Schließen. Zur Auslösung der Reflexe werden diese Muskeln von speziellen Nerven des Gehirns versorgt. Der Nervus facialis dient dem Schluss des Lides, während der Nervus oculomotorius das Lid wieder anhebt.
Durch Vererbung, Störungen und Erkrankungen im Bereich der Muskeln (= myogen), Nerven (= neurogen) oder des Lides selbst kann es zu einem teilweisen oder vollständigen Herabhängen des Oberlides kommen, was mit dem Begriff Ptosis gekennzeichnet wird. Dabei zeigt sich das Symptom entweder bei nur einem oder auch bei beiden Lidern.
Die Ptosis congenita ist angeboren. Es handelt sich um einen vererbten Defekt, bei dem der Lidhebermuskel (Musculus levator palpebrae) geschädigt ist. Die Störung zeigt sich hauptsächlich bei nur einem Auge, das herunterhängende Oberlid verhindert die räumliche Wahrnehmung durch binokulares (mit beiden Augen) Sehen. Dadurch kommt es zu einer verminderten Ausbildung des verdeckten Auges, was eine Amblyopie (Sehschwäche) begünstigt.
Durch Unfälle, Erkrankungen oder altersbedingte Gewebeveränderungen kann der Levator-Muskel auch in späteren Lebensjahren in Mitleidenschaft gezogen werden. Das Bild ist identisch zur kongenitalen Form, zeigt sich dabei aber auch häufiger bei beiden Oberlidern.
Auch Nervenläsionen führen zu einer Ptosis. Die Ptosis sympathica kennzeichnet eine schwach ausgeprägte Lidsenkung durch Lähmung des Nervus sympathikus. Typisch für die betroffene Seite sind eine kleinere Pupille sowie ein tiefer liegendes Auge. Ist der Nervus oculomotorius (= Ptosis paralytica) betroffen, hängt das gesamte Lid über dem Auge. Lähmungen können u.a. durch Schlaganfall (Apoplex) oder Hirnhautentzündung (Meningitis) ausgelöst werden.
Verschiedene Muskelerkrankungen weisen in ihrem klinischen Bild ebenfalls eine Beeinträchtigung der Oberlider, so z.B. die Myasthenia gravis, eine neurologische Erkrankung, die besonders durch eine belastungsabhängige Muskelschwäche des gesamten Körpers gekennzeichnet ist.
Vergiftungen mit Chemikalien oder einem Schlangengift führen zu einer zentralen Lähmung von Muskeln und Nerven, wodurch sich ebenfalls eine Ptosis ausbilden kann.
Neben einer Beeinträchtigung des Sehens (räumliches Sehen, Sehschärfe) sowie einem störenden Gefühl durch das herabhängende Lid weist die Ptosis selten weitere Symptome auf. In einigen Fällen kann es durch die vermehrte Belastung des nicht betroffenen Auges zu Kopfschmerzen kommen. Das gesunde Auge neigt zu Reizungen, das verschlossene Auge u.U. zu Verklebungen durch vermehrte Flüssigkeitsbildung.
Primär wird die Ursache therapiert. Nerven- und Muskelschäden können mit lidhebenden Brillen korrigiert werden. Ein operativer Eingriff erfolgt hauptsächlich bei angeborenen oder altersbedingten Störungen. Hierbei wird z.B. ein Stück des Levator-Muskels entfernt, es erfolgt eine Straffung oder eine Aufhängung, wobei das Lid durch Stirnrunzeln bewegt werden kann. In seltenen Fällen zeigt sich im Anschluss ein fehlender bzw. teilweise fehlender Lidschluss, so dass eine weitere Behandlung mit eine Austrocknung des Auges verhindernden Augentropfen erfolgen muss. Der Betroffene kann durch den Eingriff aber wieder mit beiden Augen sehen.
Beitragsbild: pixabay.com – Anemone123
Dieser Beitrag wurde letztmalig am 06.06.2012 aktualisiert.