Reizdarm – Symptome, Verlauf und Therapie
Der Reizdarm (auch Reizdarm-Syndrom, Colon irritable) ist eine nicht organisch manifestierbare Erkrankung des Darms, die zu typischen Störungen der Darmaktivität führt und die zu den häufigsten Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes zählt. Für die ausgeprägte Symptomatik lässt sich keine erkennbare Ursache finden, so sind das Blutbild und Untersuchungen der Organe unauffällig.
Besonders ausgeprägt ist das Syndrom in Industrienationen, wo zwischen zehn und 25 Prozent der jeweiligen Bevölkerung unter den Beschwerden des Reizdarms leiden. Der Reizdarm weist einen Erkrankungsgipfel zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr auf und betrifft nahezu doppelt so viele Frauen wie Männer.
Das Reizdarm-Syndrom verursacht viele, meist nicht spezifische Beschwerden, die in ihrer Gesamtheit jedoch der Erkrankung zugeschrieben werden können. Leitsymptom ist ein stechender, drückender oder auch krampfartiger Schmerz im Mittel- und Unterbauch.
Dazu kommen Blähungen (Flatulenz), ein Druck- und Völlegefühl, ein aufgeblähter Bauch (Meteorismus) sowie eine geänderte Defäkation (Durchfall, Verstopfung oder abwechselnd beide Formen). Der Stuhl kann sehr wässrig oder breiig sein, daneben auch Schleimbeimengungen aufweisen.
Bei der Obstipation (Verstopfung) ist der Stuhl sehr konsistent, zum Teil auch entfärbt. Mit dem Gang zur Toilette lassen die Schmerzen kurzfristig nach, treten rasch aber wieder in den Vordergrund.
Auch verbleibt zum Teil das Gefühl der unvollständigen Entleerung. Typisch für die Erkrankung ist die Schmerzreduktion durch Ablenkung. So mildert sich der Schmerz z.B. bei sportlichen Aktivitäten, Spielen oder Ausflügen spürbar. Nachts sind die meisten Betroffenen beschwerdefrei, morgens und im Verlauf des Tages dagegen sind die Symptome stark ausgeprägt.
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Begleiterscheinungen und Symptome
Neben den in ihrer Gesamtheit typischen Anzeichen eines Reizdarm-Syndroms kann es zu einer Reihe weiterer Beschwerden kommen. Hierzu zählen das saure Aufstoßen, Schluckbeschwerden, Kopfschmerzen und Gliederschmerzen, Müdigkeit, Durchschlafschwierigkeiten, Erschöpfung, Kreislaufbeschwerden, Hyperhidrosis (vermehrtes Schwitzen), Puls- und Herzrasen, Atemnot, innere Unruhe, Nervosität, depressive Verstimmungen ohne erkennbaren Grund und Panikattacken.
Der Reizdarm ist eine funktionelle Störung. Da keine organischen Ursachen diagnostizierbar sind, kommt schnell die Vermutung einer Hypochondrie auf. Betroffene scheuen daher den Gang zum Arzt und ziehen sich lieber zurück. Dabei ist die medizinische Abklärung von hoher Bedeutung.
Je länger der Zustand anhält, desto empfindlicher wird der Darm gegenüber Einflüssen und Veränderungen. So werden im Spätstadium bereits leichte Darmbewegungen als unangenehm empfunden. Durch die auftretenden Beschwerden drohen im Verlauf zudem Mangelerscheinungen und Funktionsbeeinträchtigungen.
Ursachen
Trotz des fehlenden, organbedingten Auslösers lassen sich durchaus Ursachen aufzeigen, die einen Reizdarm verursachen können. Hauptverantwortlich für die Beschwerden ist eine aus dem Gleichgewicht geratene Darmflora, die normalerweise durch die Besiedelung mit bestimmten Bakterien (Bifidobakterien, Laktobazillen) aufrecht gehalten wird und durch den Einfluss anderer Bakterien (z.B. Enterokokken) gestört wird.
Daneben können falsche Ernährungsgewohnheiten (z.B. fettreich, ballaststoffarm), eine falsche Flüssigkeitszufuhr (zu gering, hauptsächlich Kaffee oder Tee, vermehrter Alkoholgenuss), Veranlagung, eine gestörte Immunabwehr, ein unausgeglichener Hormonhaushalt, die Einnahme bestimmter Medikamente, eine herabgesetzte Empfindungs- oder Schmerzschwelle, die Unverträglichkeit bestimmter Substanzen – (Nahrungsmittelunverträglichkeiten), eine gesteigerte Aktivität des enteralen Nervensystems, physischer und psychischer Stress sowie Konfliktsituationen in Frage kommen.
Diagnose
Neben der Anamnese und körperlichen Untersuchung (Abtasten, Abhören) nutzt der Arzt die Rom-III-Kriterien (wiederkehrende Bauchschmerzen, Symptombeginn vor mehr als sechs Monaten, Beschwerden treten mindestens drei Tage pro Monat in Erscheinung, nach der Defäkation tritt eine Besserung ein, der Stuhl ändert seine Konsistenz oder Form, die Häufigkeit der Toilettengänge ist verändert) zur Diagnostik.
Nur wenn neben dem Beginn vor mindestens sechs Monaten und dem regelmäßigen Auftreten zwei weitere Kriterien übereinstimmen, liegt gesichert ein Reizdarm-Syndrom vor. Weitere Untersuchungsmethoden sind die Laborauswertung (großes Blutbild), der Stuhltest, die Darmspiegelung, die Sonographie der Organe, eine Röntgenaufnahme unter Kontrastmittelgabe, die CT und Testverfahren auf Unverträglichkeiten oder Allergien. Daneben ist auch eine psychosomatische Abklärung möglich.
Therapie
Eine kausale Therapie ist, bedingt durch den Stand der Erkenntnisse, aktuell noch nicht möglich. Die Beschwerden lassen sich aber derart mildern, dass eine normale Teilnahme am täglichen Leben gewährleistet werden kann.
Zur kurzfristigen Linderung dienen verschiedene Medikamente (z.B. Spasmolytika zur Krampflösung), psychische Beeinträchtigungen werden zum Teil mit Psychopharmaka behandelt. Verstopfungen können über die Einnahme von Ballaststoffen (z.B. Kleie, Leinsamen) gelöst werden, bei Durchfall hat sich der Einsatz von Quellmitteln bewährt.
Ein aufgeblähter Leib lässt sich mit Kamille, Fenchel oder Anis (z.B. als Tee) beruhigen. Milde Wärme (z.B. durch ein Kirschkernkissen oder eine Wärmflasche) kann Krämpfe lösen und Schmerzen lindern. Durch eine Umstellung der Nahrungs- und Trinkgewohnheiten kann das Syndrom vielfach in seiner Symptomatik eingedämmt werden.
Auf den Genuss von Kaffee, Tee, Alkohol und blähenden Nahrungsmitteln (z.B. Bohnen, Zwiebeln) sollte verzichtet werden, die Ernährung ist magenschonend, ausgewogen, ballaststoffreich und fettarm zu wählen.
Daneben sollten täglich mindesten zwei Liter Wasser aufgenommen werden, die Mahlzeiten regelmäßig und nicht überproportioniert erfolgen. Die Meidung von Nikotin wirkt sich positiv auf den Darm aus. Zum Teil hat sich der in der Werbung stark protegierte Einsatz von Getränken oder Speisen auf Milchbasis mit zugesetzten Bakterienkulturen bewährt.
Hierdurch werden die natürlichen Bakterien der Darmflora gestärkt. Einen Ausgleich für Körper und Geist stellen verschiedene Entspannungsübungen, autogenes Training, Yoga, die progressive Muskelentspannung, Sport, spezielle Atemübungen sowie ein ausreichender Schlaf dar.
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Beitragsbild: fotolia.com – Tonpor Kasa
Dieser Beitrag wurde letztmalig am 12.06.2012 aktualisiert.